Was der Einkauf und die Formel 1 gemeinsam haben

Was der Einkauf und die Formel 1 gemeinsam haben

Publiziert am Autor: Luca Mazza

Die Spoiler eines Formel-1-Wagens – formschön, aus Carbon, stabil und praktisch unverwüstlich. Doch wenn man sich die Zeitlupenaufnahmen während eines Rennens genau anschaut, winden und biegen sich diese Spoiler in extremen Situationen. Sie gehen dabei aber nicht kaputt. Sie kehren immer wieder in den normalen Ursprungszustand zurück. Und im Einkauf? Abkündigungen, Halbleiter-Krise, blockierte Schiffsrouten. Und trotzdem müssen Sie als Einkaufsprofi die Ruhe bewahren.

Resilienz – ein Begriff, der in vielen Wissenschaften benutzt wird. In der Materialwissenschaft ist es die Fähigkeit eines Werksstoffes, nach extremer Überspannung wieder in den normalen Ursprungszustand zurückzukehren. 

Bezogen auf uns Menschen beschreibt die Resilienz die Fähigkeit von Personen oder Gemeinschaften, schwierige Lebenssituationen wie Krisen oder Katastrophen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen. 

Resilienz im Einkauf

Resilienz in Bezug auf den professionellen Einkauf bedeutet zum Beispiel, dass Einkaufsprofis lernen, mit den Risiken und Folgen von geopolitischen Ereignissen, Pandemien und Krisen zu leben, sein Verhalten daran anzupassen und künftigen Krisen vorzubeugen. Fragile Lieferketten erfordern also immer mehr resilientere Einkäufer. 

Einen Spoiler resilienter zu machen, ist eigentlich ganz einfach. Man misst ihn in einem Prüflabor aus, schaut, wo man ihn verstärken kann und baut ihn neu auf. Aber wie kann man Menschen resilienter machen? Was kann man verstärken und neu aufbauen, um widerstandsfähiger auf äussere Einflüsse reagieren zu können? Auch hier finden wir wieder Parallelen in der Formel 1. Die Spoiler pressen das Fahrzeug fest auf den Boden. Um die Kraft und die Leistung aber perfekt auf die Strasse übertragen zu können, braucht es vier Räder, richtig ausbalanciert und aufgepumpt.  

Das erste Rad: Akzeptanz 

Akzeptieren Sie Situationen, Krisen und Pandemien, wie sie sind. Mit der Akzeptanz ist dann überhaupt erst eine Bewegung möglich – weg von einem Problem und hin zu einer Lösung. Akzeptanz ist ein kognitiver Prozess, also ein Prozess der Wahrnehmung. Je mehr die Situation emotional negativ behaftet bleibt, umso schwieriger wird es, sie zu lösen. Am besten schwächen wir die emotionale Auswirkung von Dingen und Umständen, wenn wir unsere Emotionen und die dazugehörigen Auslöser richtig erkennen. Hierbei genügt unserem Gehirn tatsächlich nur das Erkennen des Problems, um Akzeptanz zu fördern. Man muss das Problem also gar nicht zwingend lösen. 

Das zweite Rad: Bindung 

Das Konzept der Bindung bezieht sich auf die Art und Weise, wie wir uns mit uns selbst, anderen Menschen, Gruppen und sogar ganzen Systemen verbinden. Eine starke Bindung ist für eine robuste Resilienz von grosser Bedeutung, da sie unser menschliches Bedürfnis nach Kontaktaufnahme erfüllt und den Schutzfaktor sozialer Unterstützung stärkt. 

Geht es um Bindung, ist es wichtig, zwischen Sach- und Beziehungsebenen im Umgang mit anderen zu unterscheiden. Oftmals werden Sachthemen in der Kommunikation auf der Beziehungsebene interpretiert und können so zu emotionaler Belastung führen. Um die Beziehungsebene zu stärken und zu schützen, ist es notwendig, klare Rollen zu kommunizieren und die Trennung von Sach- und Beziehungsebenen zu gewährleisten. 

Empathie ist ein entscheidender Faktor für eine starke Bindung. Es geht darum, Emotionen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Es ist auch wichtig, zwischen Mitgefühl und Mitleid zu unterscheiden, um eine gesunde Empathie zu fördern.

Das dritte Rad: Zielorientierung 

Arbeiten Sie mit Zielen. Diese Ziele müssen positiv formuliert, konkret beschreibbar, einfach, überschaubar, realistisch, durch eigenes Tun erreichbar und kontrollierbar sein und mit kleinen Schritten erreicht werden. Es ist auch wichtig, dass diese Ziele die eigenen Werte sowie die Werte des Umfelds berücksichtigen.

Eine zielorientierte Haltung ermöglicht einen leichteren Zugang zu den eigenen Ressourcen, auch unter Stress. Indem man sich auf Ziele statt auf Probleme konzentriert, kann man sich auf das Positive und Konstruktive fokussieren. Dies hilft, die Energie und Motivation aufrechtzuerhalten, und ermöglicht es, in schwierigen Situationen schneller und effektiver zu handeln. Letztendlich kann eine lösungsorientierte Haltung dazu beitragen, dass man erfolgreich mit Herausforderungen umgeht und seine Ziele erreicht.  

Das vierte Rad: Optimismus 

Gesunder Optimismus bedeutet nicht, die Welt durch eine rosarote Brille zu betrachten oder Probleme schönzureden. Stattdessen handelt es sich um einen realistischen Optimismus, der auch den Pessimismus in der Welt anerkennt. Bei dieser Einstellung geht es darum, eine Balance zwischen dem Negativ- und Positivfokus zu finden. 

Um den positiven Fokus zu erweitern, können wir zum einen das Trainieren der Dankbarkeit nutzen. Dadurch können Denkmuster unterbrochen werden, die uns auf das Schlechte konzentrieren lassen, und wir können uns in einen besseren Zustand versetzen. 

Gesunder Optimismus bedeutet auch, das Gute im Schlechten zu sehen, um unseren Stress aktiv herunterregulieren zu können. Letztendlich kann eine optimistische Einstellung dazu beitragen, dass wir uns selbstbewusster und erfolgreicher fühlen und unsere Ziele erreichen. 

Fazit

Die Weltwirtschaft ist in den letzten Jahren sehr stark von Krisen geprägt worden. Unternehmen müssen ihre Lieferketten und Einkaufsprozesse widerstandsfähiger gestalten, um den immer häufiger auftretenden Störungen standhalten zu können. Resilienz ist dabei immer wieder als Begriff aufgetaucht und hat mehr und mehr an Stellenwert gewonnen. 

Ein resilienter Mitarbeiter kann ein ganzes Team mit sich ziehen. Ein Team kann eine ganze Abteilung positiv beeinflussen. Diese wiederum einen ganzen Geschäftsbereich oder gar Unternehmen. Manchmal muss man gar nicht die ganze Welt ändern wollen, sondern nur ein bisschen mehr an sich selbst glauben. 
Ich bin davon überzeugt, in jedem von uns steckt ein unendliches Potenzial. Man muss nur den richtigen Zugang dazu finden, um es voll entfalten zu lassen. 

Luca Mazza

Luca Mazza ist Speaker, Trainer, Persönlichkeitstuner und Experte für Motivation, Führung und Leadership. In seinen Keynotes, Trainings und Seminaren schlägt er die Brücke zwischen Auto-Tuning und Persönlichkeitsentwicklung und holt so die letzten PS aus den Teilnehmern heraus.