Vorteile und Herausforderungen des «Homeoffice»
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Schon mal so oder ähnlich in letzter Zeit gehört? «Jetzt kann ich es mir so richtig schön gut gehen lassen: erst mal ausschlafen und ausgiebig frühstücken. Schick machen muss ich mich auch nicht. Denn es interessiert ja niemanden, ob ich im Pyjama arbeitete oder im löchrigen T-Shirt.» – Ganz so leger sollte es aber dann nicht zugehen.
Das Coronavirus hat uns alle erreicht. Um eine rasche Verbreitung zu verhindern, haben immer mehr Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden Homeoffice verordnet. Die Digitalisierung hat die Grundlage geschaffen und erlaubt es uns, zu jeder Zeit und von jedem Ort aus zu arbeiten. Von den Arbeitgebern erfordert dies Vertrauen und von den Mitarbeitenden Selbstdisziplin.
Vorteile von Homeoffice
Wie beeinflussen eine solchermassen veränderte Tagesstruktur, neue räumliche Begebenheiten und ein geschäftlicher Austausch, der fast ausschliesslich virtuell stattfindet, das individuelle Schaffen? Wie jede Sache bringt auch das Homeoffice Vor- und Nachteile mit sich. Zunächst einmal die Vorteile:
- Zeitersparnis: Während sich die Kolleginnen und Kollegen, die im Büro arbeiten, am kollektiven Hauptverkehrszeit-Wahnsinn beteiligen, kann man sich noch einmal strecken und langsam wach werden. Die Fahrt in vollen Bussen und Bahnen oder das Stehen im Stau mit nerviger Parkplatzsuche entfällt.
- Flexibilität: Die Reitstunde der Tochter ist mitten am Tag – warum nicht ein bis zwei Stunden dort verbringen und die Zeit abends dranhängen? Der Doktor hat nur einen Termin um 15 Uhr frei? Die Handwerker haben sich angekündigt, ohne eine konkrete Zeit zu nennen? Für Heimarbeiter sind diese Termine deutlich besser zu koordinieren als für den klassischen Bürogänger.
- Reduzierte Kosten: Arbeiten kostet – nicht nur den Arbeitgeber. Tägliche Fahrten, Kleidungs- und Reinigungskosten, Kantinenessen oder der traditionelle Pausenkaffee mit den Arbeitskolleginnen- und Kollegen gehen auf Dauer ins Geld. Das kann auch die Pendlerpauschale bei der Steuererklärung nicht rausreissen. All das sind Kosten, die im Homeoffice nicht anfallen.
Herausforderungen im Homeoffice
Alles, was glänzt, ist nicht Gold. Das Ganze bringt auch einige Herausforderungen mit sich, die zu lösen sind:
- Fehlende soziale Kontakte: Wer den Austausch in der Kantine, kurze Absprachen mit der Kollegin am Nebentisch oder die Inspiration eines motivierenden Teams braucht, hat im Homeoffice schlechte Karten. Auch der unterschätze Tratsch, bei dem man doch so einiges über Strategien und Entwicklungen erfährt, fällt weg.
- Fehlende Motivation: Wenn «noch ewig Zeit» und kein Team da ist, das mitzieht, und die Resultate der eigenen Arbeit wenig sichtbar sind, geht der Blick fürs grosse Ganze verloren und es fehlt bald die Motivation. Soziale Kontrolle kann nerven, aber auch beflügeln. Disziplin, enge Kontakte sowie regelmässiges Feedback helfen.
- Vermischung von Beruf und Privatleben: Die Arbeitsunterlagen sind in der Wohnung verstreut, abends kommen noch Anrufe von Klienten und auch beim Fernsehabend kreisen die Gedanken noch um die Arbeit? Wer im privaten Umfeld arbeitet, kann Gefahr laufen, keine klaren Grenzen zu ziehen – weder bei anderen noch sich selbst gegenüber. Gerade Homeoffice-Arbeiter brauchen einen definierten Feierabend und einen festen Arbeitsplatz.
Psychisches Gleichgewicht
Wir kennen drei psychologische Grundbedürfnisse: Stimulation, Zuwendung und (Zeit-)Struktur. Sie umfassen damit nicht die physiologischen Grundbedürfnisse, die für das körperliche Überleben wesentlich sind. Die Grundbedürfnisse Stimulation, Zuwendung und Struktur bestimmen über das Gelingen von Vorhaben, an denen ein Mensch beteiligt ist, und über sein psychisches Gleichgewicht. Insbesondere in Zeiten, die mit Einschränkungen, Unsicherheiten und veränderten Lebens- und Arbeitsumständen einhergehen, gilt es zwingend auf diese Grundbedürfnisse zu achten, um das psychische Gleichgewicht und die damit verbundene Arbeitsqualität, Effizienz und Leistungsfähigkeit zu sichern.
- Stimulation – das Grundbedürfnis nach sinnlicher Anregung und Reizen: Wenn ein Mensch während einer gewissen Zeit von gewohnten Sinnesreizungen abgeschirmt wird, können im Allgemeinen schon nach zwei Tagen seelische Zustände wahrgenommen werden, die einen Mangel aufzeigen und seine Konzentrations- und Motivationsfähigkeit beeinflussen.
- Zuwendung – das Grundbedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung: Solange ein Mensch lebt, hat er das Bedürfnis, von anderen wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Der virtuelle Austausch im Homeoffice liefert jedoch nicht dieselbe Qualität an Zuwendung, wie dies im persönlichen Gespräch oder in einem Teammeeting stattfindet. Auch vermag die Familie oder das Haustier nicht die Zuwendung und Wertschätzung zu leisten, die Mitarbeitenden im Berufsalltag und in deren Rolle in der Unternehmung teil zu werden.
- (Zeit-)Struktur – das Grundbedürfnis nach Struktur und Zeitgestaltung: Um Monotonie oder gar Langweile zu vermeiden, gestalten alle Menschen ihre Zeit, und zwar auch die Art und Weise, wie die Zeit verbracht wird. Gleichzeitig kommt dieses Grundbedürfnis der Gestaltung mitmenschlichen Umgangs nach. Wenn die Zeitgestaltung aber über längere Dauer beeinträchtigt wird, können Menschen destruktives Verhalten zeigen sich selber oder anderen gegenüber: einfach, damit etwas passiert.
Anzeichen einer Disbalance – was tun?
Gelingt es Ihnen, bei den Grundbedürfnissen die Balance zu halten? Oder zeigen sich Symptome wie vermehrte Nervosität, Unsicherheit, Gereiztheit, Unzufriedenheit, Konzentrationsschwierigkeiten, Passivität und ein Bedürfnis nach Rückzug, kreisende Gedanken oder auch Veränderungen in puncto Schlafrhythmus und Schlafqualität? Dann lohnt es sich auf jeden Fall, dass Sie Ihre aktuelle Homeoffice-Situation reflektieren, unbewusste Ressourcen aktivieren und die gegenwärtige Phase gelassen abschliessen.
Online-Coaching
Bleiben Sie gesund, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Nutzen Sie das Online-Coaching, bestehend aus einem individuellen Sitzungs-Setting, um Ihre Situation in der gegenwärtigen Homeoffice-Phase zu reflektieren, Alternativen im Homeoffice-Tag zu erarbeiten, neue Verhaltensmöglich-
keiten einzuüben sowie Hinweise und Tipps zu erhalten.
Das Coaching findet entweder per Face-Time oder Skype statt.
Eine vorgängige Terminvereinbarung ist erforderlich.
Termin via Mail an: al@adrianlichtin.ch.
Skype: live:.cid.34609821e7a62e2.
Adrian Lichtin
Der Autor ist selbstständiger Berater und hält Mandate in den Bereichen Assessment, Beratung, Coaching, Führungs-Training sowie Team- und Organisationsentwicklung. Leiten lässt er sich im Methoden- und Theorieeinsatz von den Konzepten der Transaktionsanalyse sowie deren Grundhaltung. Weiter fliessen in seiner Arbeit Konzepte der angewandten Arbeits- und Organisations- sowie der humanistischen Psychologie ein.