Top im Job als Ü40er: Karrieretipps für digitale Immigranten

Top im Job als Ü40er: Karrieretipps für digitale Immigranten

Publiziert am Autor: Michael Steiner

Mit 40 stehen wir in der Mitte des Lebens und meist vor dem Höhepunkt der beruflichen Entwicklung. Geht es nun nur noch abwärts? Ist 40 überhaupt eine relevante Grenze, oder besteht sie nur in unserer Vorstellung? Kann man mit 40 noch eine Topkraft sein? Oder geht das überhaupt erst ab diesem Alter? Eine Lagebeurteilung.

Die digitale Transformation hat es in sich. Auch in puncto Personalmanagement. Arbeitgeber, aber auch ihre Mitarbeitenden haben sich in einem stetig wandelnden beruflichen Umfeld zurechtzufinden. Dieses ist geprägt von technologischen Veränderungen, neuen Regulatorien und auch von veränderten Kundenbedürfnissen. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an Positionen, Funktionen und Aufgabenbereiche, die notabene vor wenigen Jahren so noch gar nicht existiert haben.

Leistungs- oder Hoffnungsträger?

Arbeitgeber, die mit der Zeit gehen, wissen es schon längst: Erst durch die Menschen im Unternehmen, ihre Tatkraft, ihre Ideen, ihr Engagement und ihre Potenziale kann ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich sein.

Arbeitgeber sind gefordert, Mitarbeitende einerseits weiterzuentwickeln, damit die Aufgaben innerhalb des Unternehms auch in Zukunft gut gelöst werden können, andererseits gute Mitarbeitende zu halten, damit sie auch in Zukunft eine wichtige Stütze für die Firma bleiben. Dazu gehört es auch, potenzielle Führungskräfte, Talente und «High Potentials» auszumachen und mit ihnen gemeinsam ihre Weiterentwicklung anzugehen. Wie sogenannte «High Potentials» – so werden Topnachwuchskräfte auf Neudeutsch gerne bezeichnet – idealerweise aussehen, das ist im Stellenmarkt von Zeitungen und auf digitalen Jobvermittlungsplattformen leicht nachzulesen. Da werden Hoffnungsträger gesucht. Dem idealen Kandidatenprofil entspricht, wer die 30 noch nicht erreicht hat, Betriebswirtschaftslehre, Jura, Maschinenbau oder Elektrotechnik studiert hat, selbstverständlich schon mehrere Auslandspraktika absolviert hat und sich nebenher noch irgendwo engagiert; sei es in Verbänden, Serviceclubs oder in anderen Bereichen, die für den potenziellen Arbeitgeber einen Mehrwert bieten.

Was macht Topmitarbeiter aus?

Doch bildet das auch die Realität in Unternehmen ab? Gibt es überhaupt Topmitarbeitende über 40 – und wie hat man sich diese vorzustellen? Die Antworten sind erst zu finden, wenn vertiefende Fragen gestellt werden. Beispielsweise was aus Sicht der Arbeitgeber einen Topmitarbeiter auszeichnet.

Meine Erkenntnisse sind praktisch deckungsgleich mit diversen Studienergebnissen aus dem HR-Bereich. «Top im Job» ist grundsätzlich jemand, der mitdenkt, der eine rasche Auffassungsgabe hat, der eigene Ideen entwickelt und es versteht, sie so zu präsentieren, dass er andere davon überzeugen kann. Geschätzt werden Mitarbeiter, die stolz auf ihr Unternehmen und ihre Aufgabe sind und das auch zeigen, Mitarbeiter, die eigene Ideen entwickeln, mitdenken und vorschlagen, wie man Dinge verbessern kann. Mitarbeitende, die verlässlich sind und anpacken, wo es nötig ist. Ausserdem wird gemeinhin erwartet, dass Mitarbeitende sich weiterentwickeln und ihre Qualifikationen ausbauen.

Seien Sie versichert, genau hier haben «Ü40er» doch einige Pfeile im Kompetenz-Köcher. Auch jenseits der 40 und ohne zu den «digital natives» zu gehören, ist es möglich, «employable» zu bleiben. «Ü40er» gehören nicht mehr zu den Hoffnungsträgern. Sie sind vor allem Leistungsträger. Zudem beschäftigen sich viele Unternehmen nur schon aufgrund des demografischen Wandels mit der Frage, wie sie die Beschäftigungsfähigkeit einer alternden Belegschaft erhalten können. Das ist kein Thema, das nur die Personalmanager etwas angeht.

Was mit Employability gemeint ist

Jeder Arbeitnehmer muss sich um seine eigene Employability kümmern. Employability oder Beschäftigungsfähigkeit ist ein Bündel von fachlichen, sozialen und Methodenkompetenzen, die notwendig sind, um in Erwerbstätigkeit zu kommen und zu bleiben. Die wörtliche Übersetzung von «employable», nämlich «beschäftigungsfähig», klingt ein wenig passiv. Alternative Ausdrücke wie «jobfit» oder «arbeitsmarktfit» umschreiben das erwähnte Kompetenzbündel weit besser.

Die wichtigsten Eigenschaften und Fähigkeiten, die Employability ausmachen, sind einfach zu benennen. An erster Stelle steht die Eigenverantwortung. Platz zwei nimmt das ziel- und aufgabenorientierte Denken und Handeln ein. Danach folgen Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie Veränderungs- und Lernbereitschaft und -fähigkeit. Auf der Ebene der eher fachlichen Fähigkeiten sind die Sprach- und die Medienkompetenz besonders wichtig.

Ziel «Arbeitsmarkt-Unternehmer»

Arbeitnehmer sollten ihre Arbeitskraft als Produkt betrachten, welches sie auf dem Arbeitsmarkt anbieten. Und auf einem Markt dominiert bekanntlich das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wer auf dem Markt erfolgreich sein will, dem drängen sich die wichtigen Fragen relativ schnell auf: Erfüllen Sie als Anbieter mit Ihrer Arbeitsleistung und Ihren Fähigkeiten überhaupt die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Kunden, nämlich diejenigen Ihres aktuellen oder eines potenziellen Arbeitgebers? Wie jobfit sind Sie derzeit? Und wie wird es um Ihre Beschäftigungsfähigkeit in der Zukunft stehen? Was müssten Sie tun, um sie zu sichern? Und wie offensiv sollten Sie bei der Vermarktung Ihrer Fähigkeiten vorgehen?

Diese Fragen sind relativ einfach zu beantworten – eigentlich sogar mit einem Wort: Weiterbildung! Sie ist eine Notwendigkeit, wenn man am Markt erfolgreich sein und bleiben will. Und das ist gut so. Es kann tatsächlich passieren, dass eine spezielle Qualifikation irgendwann am Markt überhaupt nicht mehr nachgefragt wird. Wer von einer solchen Entwicklung betroffen ist, befindet sich in einer schwierigen Situation und wird etwas Neues lernen müssen. Wer noch in der Gewissheit «sicherer» Arbeitsplätze aufgewachsen ist, kann diese Notwendigkeit für eine Zumutung oder Bedrohung halten.

An der Sachlage ändert das allerdings nichts. Das «Produkt» eines «Arbeitsmarkt-Unternehmers» ist die eigene Arbeitsleistung. Das bringt eine emotionale Beteiligung mit sich. Am Beginn eines jeden Employability-Prozesses muss daher die Reflexion stehen. Das erfordert eine gewisse geistige Beweglichkeit, ohne die es schwierig sein wird, eine objektivere Einschätzung von sich selbst zu gewinnen – und herausfinden, wie der Kunde Arbeitgeber, die Arbeitnehmerleistung einschätzt.

Wie «Ü40er» überzeugen

Stimmt es eigentlich, dass man ab 40 nur noch im eigenen Unternehmen etwas werden kann, weil der externe Arbeitsmarkt ab dem vierten, fünften Lebensjahrzehnt keine Chancen mehr bietet? Dieser Frage kann man auf verschiedene Arten entgegen. Hier einige Anregungen und Gedanken dazu

  • Gehen Sie auf Bedürfnisse der unterschiedlichen Generationen ein
  • Punkten Sie mit Initiative, Fleiss und Disziplin.
  • Bleiben Sie offen für das lebenslange Lernen und flexibel bei Veränderungen.
  • Investieren Sie in Ihre Weiterbildung. Können besteht aus Wissen und Erfahrung.
  • Trainieren Sie Ihre Kommunikations- und Teamfähigkeit.
  • Pflegen Sie den Kontakt mit dem Chef, und arbeiten Sie souverän im Team,  auch mit jüngeren Kollegen
  • Üben Sie sich in Realismus und Frustrationstoleranz.
  • Entwickeln Sie einen gesunden Umgang mit Stress.

All das wird Ihnen nicht von heute auf morgen gelingen. Deshalb das Wichtigste zum Schluss: Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst. Denn nur wer sich Zeit nimmt, seine berufliche Situation und Entwicklung vertiefend zu betrachten, der kommt auch zu Erkenntnissen. •

Michael Steiner

Michael Steiner

Michael Steiner ist Partner der GMP AG (Gesellschaft für Management und Personalentwicklung) und hat über 25 Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen gearbeitet.