Tipps von Verhandlungsprofis

Tipps von Verhandlungsprofis

Publiziert am Autor: Michael Oefner, Christoph Krüger, Jörg Köck

Bessere Preise, bessere Konditionen, bessere Deals – als Einkäufer weisst du, wie wichtig eine starke Verhandlungsstrategie ist. Doch welche Hebel kannst du gezielt einsetzen, um noch mehr herauszuholen? Drei Verhandlungsprofis teilen ihre Erfahrungen und zeigen, worauf es wirklich ankommt.

Verhandelst du noch oder verkaufst du schon?

Ja, Sie haben richtig gelesen: Es geht in diesem Text ums Verkaufen. Und das in einem Magazin, das primär Einkaufsprofis anspricht. Doch genau das ist der Schlüssel zum Erfolg: Der Einkauf muss wegkommen von einer defensiven «Erklärbär-Haltung» hin zu einer offensiven Strategie, die durch Eigenmarketing und proaktive Kommunikation getrieben wird.

Die moderne Einkaufsabteilung agiert strategisch, schafft Mehrwerte und treibt Innovationen voran. Das beginnt damit, die eigenen Leistungen und Errungenschaften intern aktiv zu «verkaufen». Denn ohne die Unterstützung von Stakeholdern wie dem Management, anderen Abteilungen und natürlich auch externen Partnern bleibt der Einkauf in einer passiven Rolle.

Erfolgreiches Verkaufen im Einkauf bedeutet, eine klare Vision zu kommunizieren, Ergebnisse proaktiv zu präsentieren sowie Netzwerke aufzubauen und zu pflegen. Mit einer marketingorientierten Denkweise kann der Einkauf sich als treibende Kraft im Unternehmen positionieren und sicherstellen, dass seine Arbeit sichtbar und geschätzt wird.

In Verhandlungen ist es wichtig, die Perspektive des Verhandlungspartners einzunehmen und Argumente so zu formulieren, dass sie für die andere Seite attraktiv erscheinen. Hierbei spricht man von der sogenannten Nutzenargumentation, die die Vorteile für die Gegenseite in den Fokus rückt. Wer so argumentiert, präsentiert nicht nur Vorschläge, sondern «verkauft» sie überzeugend – ähnlich wie Werbung die Vorteile eines Produkts hervorhebt.

Die Frage an den modernen Einkauf lautet also tatsächlich: Wie gut verkaufen Sie schon? Es lohnt sich, in die eigenen Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten zu investieren, um die Beschaffung aufs nächste Level zu bringen. Wer im Einkauf verkaufen kann, sichert sich nicht nur die besten Konditionen, sondern wird zum Spielmacher, der die Regeln bestimmt. 

 

Michael Oefner

Michael Oefner ist Experte für Businesskommunikation. Als Trainer, Coach und Autor unterstützt er Fach- und Führungskräfte, um stets die optimalen Worte zu finden. Er ist Geschäftsführer der TALKtrainer GmbH in Luzern (www.talktrainer.ch). Kürzlich ist die dritte Auflage von seinem Fachbuch «Souverän auftreten in der Businesskommunikation» erschienen (Springer Gabler-Verlag, ISBN 978-3-658-46253-6).

mail@talktrainer.ch

Irren ist menschlich!

In Zeiten hohen Kostendrucks wird regelmässig der Ruf nach Einsparungen durch den Einkauf laut. Als probates Mittel werden Verhandlungen entdeckt. Doch bei der Umsetzung stehen oft die Unternehmensführung, man selbst oder auch andere Bereiche dem Einkauf im Weg. «Macht doch mal Druck» ist dann das Motto der Wahl. Viele der verbreiteten Verhandlungsregeln schwanken dabei zwischen Hilf- und Ahnungslosigkeit. Eine gute Gelegenheit, drei der beliebtesten näher zu betrachten:

  1. Misstraue deinem Einkauf!
    • Gib deinen Verhandlern begrenzten Spielraum! Oft werden Verhandler mit «Abschlusslimits» ins Rennen geschickt, d. h., sie dürfen bis zu einem bestimmten Betrag abschliessen, darunter bzw. darüber übernimmt der Chef. Zum einen führt dies dazu, dass der Chef immer den schlechtesten Abschluss macht, da die Macht der Vorbilder ignoriert wird. Zum anderen signalisiert es tiefes Misstrauen. Schicken Sie also nur Mitarbeiter, denen Sie vertrauen, in Verhandlungen und geben Sie ihnen den gesamten Abschlusskorridor frei.
     

    • Wende «bewährte» Erfolgsmessung an!
    Die gängigste Messmethode für Verhandlungserfolg ist die Gegenüberstellung von niedrigstem Angebot und Abschluss. Das begünstigt gerade die schlechtesten Verhandler, denn sie kennen nur Druckverhandeln. Die erhaltenen Nachlässe sind i. d. R. eingepreist und die tatsächlichen Preise meist sehr schlecht.
     

  2. Gib nie ohne Gegenleistung!
    Ein ebenso weit verbreiteter wie falscher Slogan. Durch die Neurowissenschaften wissen wir, dass Geben die grösste Wirkung hat, wenn es unerwartet und ohne Gegenforderung geschieht. Dabei wird jedoch nicht «das Tafelsilber» verscheuert. Die Reziprozitätsregel besagt, dass es Menschen schwerfällt, Erhaltenes nicht zu belohnen. Das Motto muss lauten: «Gib nie unüberlegt», aber durchaus auch ohne Gegenforderung.
     
  3. Das bessere Argument gewinnt in Verhandlungen!
    Manche Verhandlungsbücher erzählen genau, in welcher Reihenfolge und wie welche Argumente vorzubringen sind; Hand aufs Herz, wann wurden Sie in einer Diskussion das letzte Mal nur durch Argumente überzeugt? Argumente entscheiden höchst selten eine Verhandlung. Wer andere für sich gewinnen will, sollte sich vielmehr mit der Macht von Framing und Priming befassen!

     

Christoph Krüger

Der Autor ist Experte für Verhandlungsführung und Kommunikation mit über 30 Jahren Erfahrung. Seit fast 20 Jahren führt er Trainings bei internationalen Kunden durch und unterstützt als Ghost-Negotiator. Als Mitglied der Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement, Lehrbeauftragter an drei Hochschulen und Autor des Buches «Das neue Verhandeln» teilt er sein Wissen. Zuvor war er als Einkaufsleiter in der Bau- und Luftfahrtbranche tätig.

christoph.krueger@pin-international.de

Welche Scheibe Einkäufer sich vom Erfolgskonzept der Verkäufer abschneiden können

Ein neuer Blick auf Verhandlungsführung in Zeiten des Kostendrucks

Einkäufer und Verkäufer – sie könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein. Doch genau in diesen Unterschieden liegt ein ungeahntes Potenzial. Einkäufer können von den Strategien und dem Mindset guter Verkäufer lernen, insbesondere in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Denn wie heisst es so schön? Manchmal hilft es, sich eine Scheibe abzuschneiden.

Einkäufer sind anders – Verkäufer auch

Studien und Persönlichkeitsmodelle wie das DISC-Modell zeigen, dass Einkäufer häufig analytisch, datengetrieben und risikoavers handeln – ein Ansatz, der oft auf Sicherheit und Struktur setzt. Verkäufer hingegen agieren dynamisch, zielsicher und mit einem klaren Fokus auf Ergebnisse. Sie denken gross und setzen mutige Ziele.
Diese Gegensätze können spannend sein: Während Verkäufer mit viel Selbstbewusstsein «bis an die Grenze» verhandeln, setzen Einkäufer ihre Ziele oft zu konservativ – und verschenken Potenzial. Wer also über seinen Schatten springt und ein wenig vom «Mut zur Lücke» der Verkäufer übernimmt, kann Verhandlungen deutlich effektiver gestalten.

Das Gewinner-Mindset der Verkäufer

Im Verkauf gibt es keine zweiten Plätze – nur Gewinner. Denn entweder hat der Verkäufer den Auftrag oder nicht. Insofern ist der Verkauf schon sehr digital. Dieses Mindset treibt Verkäufer an, sich besser vorzubereiten, Argumente präzise zu formulieren und auch nach Rückschlägen dranzubleiben.

Für Einkäufer bedeutet das: Es lohnt sich, einen klaren Fokus auf die eigenen Ziele zu legen und mutig zu bleiben – selbst dann, wenn der Verhandlungspartner dominant auftritt. Genauso wie Verkäufer ihre Angebote perfekt inszenieren, sollten auch Einkäufer mit starker Vorbereitung, klaren Argumenten und hoher Sozialkompetenz überzeugen.

Fazit

Einkäufer, die von guten Verkäufern lernen, erweitern nicht nur ihren Werkzeugkasten, sondern verschaffen sich einen klaren Vorteil. Warum also nicht eine Scheibe vom Erfolgsrezept abschneiden und mit einem frischen Ansatz in die nächste Verhandlung gehen?

Jörg Köck

Jörg Köck ist Verhandlungsspezialist und -trainer mit mehr als 25 Jahren Erfahrung mit 15000+ Teilnehmern aus Ein- und Verkauf. Er nutzt AI und moderne Methoden, um Verhandlungen mit messbar besseren Ergebnissen abzuschliessen, Trainings effizienter zu gestalten und Negotiation Intelligence zu erforschen.

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