Strukturwandel im Finanzbereich

Strukturwandel im Finanzbereich

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Roland Wirth ist Dozent bei procure.ch. In seiner Kolumne geht er zweimonatlich volkswirtschaftlichen Phänomenen mit Einfluss auf Einkauf und Beschaffung auf den Grund.

Durch jeden Wandel in der Wirtschaft wurden Bedürfnisse besser oder billiger befriedigt als vorher. Wir brauchen heute weder Schreibmaschinen- noch Kutschenfabriken. Im Nachhinein erscheinen die Strukturwandelungen logisch und folgerichtig. Welche Branchen vermögen als nächste keinen Mehrwert mehr zu schaffen und verschwinden? So fokussiert betrachten wir die Geschäftsfelder der Grossbanken. Werden diese, die so viel zum Reichtum der Schweiz beitragen, letztlich verschwinden?

  • Bei uns ist die Vermögensverwaltung das Hauptgeschäft. Die Banken bieten «gratis» Beratungen an, der Kunde zahlt versteckt mit überzogenen Gebühren und schlechten Kursen beim empfohlenen Handel mit Wertschriften. Unvorstellbar, dass sich dieses Geschäft halten wird, jede App informiert kostengünstiger und ehrlicher.
  • Viele Private und Firmen haben ihre Wertschriftendepots bei den Banken. Diese haben bisher exklusiven Zugang zu den Börsen. Online-Anbieter müssen selbst eine Bank haben, die ihnen den Handel abwickelt. Und sind dennoch billiger. Auch hier nehmen die Banken eine unproduktive Vermittlerrolle ein, für deren Existenz es keinen Grund gibt.
  • Zahlungsverkehr: Dieses Geschäft wird längst über Plattformen abgewickelt, dafür braucht es kaum Personal. Geld wird auch keins verdient.
  • Unternehmensfinanzierung: Trotz neuartiger Finanzierungsformen wie Crowdfunding wird sich ein beratungsorientierter Kreditzweig halten. Diese Leistung kann jedoch kostengünstiger von kleinen, lokal operierenden Banken erbracht werden.
  • Hypothekargeschäft: Die günstigsten Angebote gibts online – meist bei Versicherungen. Hypotheken sind homogen, es gibt keinerlei Qualitätsunterschiede. Es gibt keinen Grund, bei der Hausbank das teurere Angebot zu wählen.
  • Vorsorgeplanungen, Erbteilungen: nichts, was eine Treuhandfirma nicht (günstiger) bieten könnte.
  • Investmentbanking (bösartig Wettbüro genannt): Hier wird es wohl noch länger grosse Strukturen brauchen. Niemand will Wetten mit
  • einem Partner abschliessen, der im Falle der Niederlage nicht zahlen kann. Grossbanken sind kapitalkräftig. Nur fand das Geschäft kaum je in der Schweiz statt, sondern in Grossbritannien und den USA.

Was hält die Banken denn noch am Leben? Neben dem trägen Verhalten der Kunden macht der Staat viel für die Strukturerhaltung im Finanzsektor. Die Anforderungen der Finma sind von kleinen Anbietern kaum zu erfüllen, sie verlangen einen gros­sen bürokratischen Apparat.

Die Bankenwelt, wie wir sie kennen, wird sich auflösen. Dies mag Schadenfreude auslösen, viele gönnen den gierigen Bankern den Niedergang. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Banken Steuersubstrat und Arbeitsplätze generieren. Wir sind als ganze Volkswirtschaft gefordert, die leistungsfähigen Menschen des Finanzplatzes neuen, Mehrwerte schaffenden Branchen zuzuführen. Es wird nicht einfach.

Roland Wirth

Roland Wirth

Der promovierte Volkswirtschaftler kennt die Bildungswelt aus unterschiedlichen Funktionen und ist als Dozent für Volkswirtschaftslehre am Puls der Wirtschafts­politik. Er ist Geschäftsführer und Rektor der Kaderschule Zürich,
die die Anbieterin des PWA-Wirtschaftsprogramms und der Lernplattform elob ist.