Sind wir nicht «besser» als drei Prozent?

Sind wir nicht «besser» als drei Prozent?

Publiziert am Autor: Christopher Kayatz

Drei Prozent – das ist oft die Antwort auf die Frage, welche Leistung der Einkauf mindestens erbringen sollte.

Wie kann die Leistung des Einkaufs gemessen werden? Gerne wird hier die Kostenverbesserungsrate zur Hand genommen. Christopher Kayatz illustriert in seiner neusten Kolumne, weshalb der Quotient aus jährlichem Beschaffungserfolg und adressierbarem Beschaffungsvolumen kein massgeblicher KPI sein sollte.

Drei Prozent – das ist oft die Antwort auf die Frage, welche Leistung der Einkauf mindestens erbringen sollte. Gemeint ist die Kostenverbesserungsrate, der Quotient aus jährlichem Beschaffungserfolg und adressierbarem Beschaffungsvolumen. Die Kennzahl ist praktisch, da leicht berechenbar, und vergleichbar. Unterhalten sich zwei Fachkollegen, wird meist diese Rate ausgetauscht. Dabei gilt die Faustregel, 2% ist schwach, 3% ist annehmbar, 4% oder mehr ist gut. Verständlich, denn wenn die Inflationsrate bei 1% liegt (Beispiel), würde das Ausgabenvolumen stillstehen, wenn die Beschaffung 1% Kostenverbesserung liefert. 

Einerseits ist die Kennzahlzahl sehr interessant und leitet zwei weitere Grössen ab im Dreieck Beschaffungserfolg, adressierbare Ausgaben und Beschaffungsbudget. (1) Nebst 3% als Richtwert für die Verbesserungsrate gilt auch Budgeteffizienz als der Quotient Beschaffungsbudget und adressierbare Ausgaben. Hierbei gilt generell 0,5% als ein vertretbarer Richtwert. (2) Aus dem Quotienten Beschaffungsbudget und Beschaffungserfolg lässt sich ein rudimentärer ROI für die Beschaffung errechnen, als Quotient der Verbesserungsrate und der Budgeteffizienz. Bei den Beispielen 3% und 0,5% liegt der ROI somit bei 6. 

Andererseits ist es erstaunlich, dass diese Kennzahl so lange überlebt hat, hat sie doch wesentliche Schwächen: Zum einen gibt es zu viel Interpreta-tionsspielraum, was als «Kostenverbesserung» gerechnet wird. Zum anderen ist recht offen, was 
als adressierbares Volumen betrachtet wird. Die Möglichkeiten, diese Zahl zu frisieren, sind gross. 

Interessanter ist, zu erörtern, ob die Beschaffung ihre Existenz durch die Kostenverbesserungsrate rechtfertigen möchte. Die Vergangenheit, dass die Beschaffung exklusiv an «Einsparungen» gemessen wird, sollte bewältigt sein. Es gibt 
Beschaffungsfunktionen moderner Unternehmen, welche kein «Sparziel» mehr haben und als Zielsetzung die Leistungsziele des Konzerns teilen, wie Umsatz, Kundenzufriedenheit, EBIT, Wachstum. 

Können die heute relevanten qualitativen Aufgaben der Beschaffung quantitativ gemessen werden? Könnte ein Gesamtbeitrag der Beschaffung berechnet werden, quasi ein Bruttobeschaffungsprodukt (BBP)? Dazu zwei Beispiele:

Risikomanagement sollte Teil jedes Beschaffungsplanes sein. Kernstück ist eine Risikoerfassung und -bewertung, welche den anzunehmenden Schaden (in CHF) und seine anzunehmende Wahrscheinlichkeit quantifiziert. Das Produkt der beiden Zahlen entspricht (in CHF) einer jährlichen Kostenvermeidung. Diese könnte in die Erfolgsrechnung BBP der Beschaffung eingerechnet werden und ist mehr eine Aussage zum Risikoinventar als eine effektive Leistung der Beschaffung.

Nachhaltigkeit: Eine einheitliche Quantifizierung des Effektes von Massnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ist nicht trivial. Es gibt Modelle, welche die monetären Kosten von CO2-Ausstoss oder die Opportunitätskosten unzufriedener Mitarbeiter in monetären Zahlen schätzen. Der Effekt von Nachhaltigkeitsbemühungen könnte somit monetär geschätzt werden, beruht jedoch auf zu vielen Annahmen oder Verallgemeinerungen, als dass er Schlagkraft gegenüber dem Management hätte. Nachhaltigkeit verfolgt man aus Überzeugung. Messbarkeit des Beitrages zum BBP ist hier schwierig. 

Wir erkennen, die Kostenverbesserungsrate ist ebenso praktisch, da einfach zu berechnen, ohne Annahmen. Die Alternative ist jedoch nicht eine monetäre Bezifferung von qualitativem Beschaffungsmehrwert, sondern die Anerkennung der Beschaffung als Kernkompetenz einer Organisation, der die Ziele des Konzerns auferlegt werden sollten.  

Christopher Kayatz

ChristopherKayatz ist CPO der Post. Seit 2003 beschäftigt er sich mit Procurement in Unternehmen wie McKinsey & Company, Carlsberg oder IWG in Schweden, den USA, Grossbritannien und der Schweiz. Er befasst sich heute mit Beschaffungstransfor-
mationen.