Schweizer Schokoladehersteller und das Ostergeschäft
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Das Ostergeschäft ist wichtig für das Inlandgeschäft der Schweizer Schokoladehersteller. Rund sieben Prozent des jährlichen Inlandabsatzes an Schokolade erfolgt in Form von Osterartikeln. Im Allgemeinen beeinflussen Umstände wie zum Beispiel das Frühlingswetter das Ostergeschäft. Im Jahr 2020 sind es aber vor allem die Massnahmen zur weiteren Verhinderung des neuen Coronavirus, welche sich auf den Absatz auswirken. Allerdings dürften die Folgen je nach Distributionskanal unterschiedlich sein.
Schokolade ist ein Lebensmittel und kann in den Läden auch in der aktuellen Situation weiterhin gekauft werden. Allerdings ist die Kundenfrequenz an vielen Verkaufspunkten tiefer als in anderen Jahren. Weil die Gäste aus dem Ausland fehlen, ist das Geschäft in den Touristenorten eingebrochen. Auf der anderen Seite sind viele Leute, die sonst über Ostern ins Ausland fahren, dieses Jahr in der Schweiz geblieben und haben sich hier vielleicht den einen oder anderen Osterhasen gekauft, den sie sonst nicht gekauft hätten.
Unterschiedliche Absatzkanäle, unterschiedliche Herausforderungen
Die meisten Schokoladehersteller mit eigenen Läden in Innenstädten, wo normalerweise viele Passanten unterwegs sind, haben vor Ostern den Online-Vertrieb stark ausgebaut. Das Ausmass der Beeinträchtigung durch die Corona-Krise hängt bei diesen Anbietern unter anderem davon ab, wieviel von der üblichen Verkaufsmenge über den Online-Kanal abgefangen werden konnte. Eine Herausforderung hierbei waren auch die begrenzten Kapazitäten des Paket-Lieferkanals.
Zudem sind bei Schokolade Impulskäufe wichtig, die Online weniger funktionieren. Von kleineren Chocolatiers ist aber auch zu vernehmen, dass sie wegen zusätzlichen Aufträgen sogar nachproduzieren mussten, weil beispielsweise Unternehmen ihren Mitarbeitenden im Home-Office zur Aufmunterung einen Schokoladehasen zustellen wollen.
Export als Wachstumstreiber
Auch wenn wir die auf Verbandsebene konsolidierten Verkaufsstatistiken erst in den nächsten Wochen sehen werden, gehen wir schon heute davon aus, dass das Absatzvolumen bei den Osterartikeln dieses Jahr eher tief sein wird. Dies, nachdem sich der Pro-Kopf Konsum von Schokolade in der Schweiz im vergangenen Jahr bei 10,4 Kilo pro Jahr stabilisiert hat, während in den zehn Jahren zuvor ein ständiger Rückgang beobachtet werden musste.
Trotz anhaltendem Importdruck wurde in der Schweiz 2019 zum ersten Mal mehr als 200'000 Tonnen Schokolade produziert. Verantwortlich dafür war das Exportgeschäft. Der Exportanteil an der Gesamtproduktion der Schweizer Schokoladehersteller ist 2019 erneut gestiegen und betrug im vergangenen Jahr 73,7 Prozent (2018: 72,5 Prozent). Der im Exportgeschäft erzielte Absatz stieg um fünf Prozent auf rund 147'600 Tonnen.
Das Wachstum beruht zum grossen Teil auf Exporten in Nicht-EU-Staaten. Hohe Wachstumsraten verzeichneten Märkte wie Kanada, USA, China, Naher Osten und Singapur. Dennoch blieb die EU weiterhin der wichtigste Absatzmarkt.
Skaleneffekte sind auch für das Inland wichtig
Schweizer Schokolade ist nicht nur ein auf der ganzen Welt beliebter Genuss, sondern als energiereiches und gut haltbares Lebensmittel auch ein typischer Bestandteil von Notvorräten.
Das Wachstum im Exportgeschäft ermöglicht Skaleneffekte, die sich auch positiv auf die Versorgung des Schweizer Markts auswirken. Die entsprechende Bedeutung zeigt sich gerade in der aktuellen Situation.
Herausforderungen und Chancen
Seit Anfang 2019 hat sich der Franken gegenüber dem Euro markant aufgewertet. Die Währungssituation dürfte mit der Corona-Krise angespannt bleiben. Die drohende globale Rezession dürfte in den nächsten Monaten auch in der stark exportorientierten Schokoladeindustrie spürbar sein.
Weitere Herausforderungen bleiben agrargrenzschutzbedingte Rohstoffpreis-Nachteile sowie Deklarationsvorschriften mit «Swiss Finish».
Mittel- und langfristig zeigen sich aber auch Chancen: So kann das mit den MERCOSUR-Staaten abgeschlossene Freihandelsabkommen (FHA) einen diskriminierungsfreien Zugang zu über 260 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten öffnen. Die rasche Genehmigung dieses FHA ist wichtig, um Nachteile gegenüber Schokoladeanbietern aus anderen Ländern im südamerikanischen Markt zu verhindern.
TIPP:
In den nächsten Wochen werden die Statistken konsolidiert. Lesen Sie in der Juniausgabe unseres Fach- und Verbandsmagazines nach, ob die neuen Zahlen die aktuelle Einschätzung bestätigen.
Urs Furrer
Urs Furrer ist seit 2014 Direktor von CHOCOSUISSE, dem Verband Schweizerischer Schokoladefabrikanten. Er hat an der Universität St. Gallen Rechtswissenschaften studiert und arbeitete nach Erlangung des Anwaltspatents während mehrerer Jahre für ein international tätiges Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen. Vor rund zehn Jahren wechselte er zu economiesuisse, wo er von 2010-2013 Mitglied der Geschäftsleitung war.