Recht und Moral in der Wirtschaft

Recht und Moral in der Wirtschaft

Publiziert am Autor: Roland Wirth

Das Verhältnis zwischen Gewinnstreben und moralischem, korrektem Handeln öffnet ein permanentes Spannungsfeld, in welchem unternehmerische Entscheide stattfinden. Nach welchen Prinzipien gehen die Firmen damit um und was ist davon zu halten?

Es war legal, Giftmüll an einen nigerianischen Strand zu kippen, es war auch legal, die Ölplattform Brent Spar im Meer zu versenken. Die betroffenen Firmen erlitten gewaltige Reputationsschäden, obwohl sie sich ans geltende Recht gehalten haben. Wenn das Recht unmoralisches Verhalten zulässt, genügt es unternehmerisch nicht. Wie kann sich eine Firma im Dilemma zwischen Moral und Gewinn verhalten? 

  1. Gewinn geht über Moral, man geht über Leichen:
    In diesem Konzept wird grundsätzlich die Profitmaximierung als einzige moralische Pflicht des Unternehmens gesehen. Nach der Art und Weise des Zustandekommens des Gewinns wird nicht gefragt. Gesetze und Moral werden respektiert, solange es dem Geschäft nützt. 
  2. Moral geht über Gewinn, man geht nie über Leichen:
    Dieses Konzept ist das einzige, welches moralischen Ansprüchen vollumfänglich genügt. Die Gewinnmaximierung bleibt zwar das Ziel der Unternehmung, aber nur unter der Bedingung der moralischen Korrektheit aller Handlungen. Alle anderen Geschäfte interessieren nicht. Allenfalls muss eine solche Unternehmung Nachteile im Wettbewerb in Kauf nehmen, hat aber immer ein reines Gewissen. 
  3. Der Mittelweg – situatives Abwägen, man geht manchmal über Leichen:
    In der Praxis wird häufig eine Mischform gelebt. Es existieren zwar ethische Grundsätze, die jedoch situativ mit den Gewinnchancen eines Geschäfts verglichen werden. Wenn ein Geschäft lukrativ genug ist, so wird das moralische Auge auch mal zugedrückt. 

Jede Exportfirma kennt die Lage: Die Ware liegt irgendwo am Zoll und wird nicht abgefertigt. Mit einem Zustupf an die Beamten liesse sich der Prozess beschleunigen. Soll ich oder soll ich nicht? In einem einfachen Schmiergeldfall werden es die meisten Firmen tun, schliesslich passt man sich «lokalen Bräuchen» an und «tut niemandem weh». Problematischer ist es, wenn der Kunde die Lieferung in der Produktion von Massenvernichtungswaffen oder zur Schändung der Umwelt einsetzt. Dann stellt sich die Frage, wie viel Gewinn ein Menschenleben oder ein intaktes Ökosystem aufwiegt. Die Unmöglichkeit, diese Fragen sinnvoll zu beantworten, zeigt uns die Grenzen des situativen Konzepts. Im Unterschied zur normalen Lebenserfahrung liefert hier der goldene Mittelweg kein befriedigendes Ergebnis. 

Roland Wirth

Roland Wirth

Der promovierte Volkswirtschaftler kennt die Bildungswelt aus unterschiedlichen Funktionen und ist als Dozent für Volkswirtschaftslehre am Puls der Wirtschafts­politik. Er ist Geschäftsführer und Rektor der Kaderschule Zürich, welche die Anbieterin des PWA-Wirtschaftsprogramms und der Lernplattform elob ist.

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