R.I.P Floppy Disk: Digitale Hilfsmittel im Beschaffungsalltag

R.I.P Floppy Disk: Digitale Hilfsmittel im Beschaffungsalltag

Publiziert am Autor: Reto von Arb

Tablets und Smartphones, aber auch diverse App- oder Cloud-Lösungen stehen in vielen Unternehmen grundsätzlich zur Verfügung. Sie haben auch in der Beschaffung ihren Platz gefunden. Diese digitalen Möglichkeiten werden aber häufig noch zu wenig genutzt. Und die Sicherheit in der Anwendung fehlt noch.

Viele Führungskräfte im Einkauf verbringen den Grossteil ihres Arbeitstages in Meetings und stehen vor der Herausforderung, ihr Tages-geschäft möglichst ohne Papierschnittstellen zu managen. Nur zu gerne würden sie von den digitalen Segnungen vermehrt profitieren, so wie sie das bereits im transaktionalen Bereich (beispielsweise in den eigentlichen Purchase-to-Pay-Kernprozessen, in ERP-Systemen und elektronischen Beschaffungsplattformen) handhaben. 

Geht es darum, ein RFI/RFP zu erstellen, Angebote entgegenzunehmen, wichtige Offertpräsentationen durchzuführen, Angebote zu bewerten, Aufträge zu erteilen, Verträge auszuarbeiten und zu unterzeichnen, herrscht die Meinung vor, dass hier nur wenig Potenzial für die digitale Transformation vorhanden sei. 

Weit gefehlt – gerade diese repetitiven Prozesse können mit einfachen digitalen Hilfsmitteln (beispielsweise mit  Smartphones, Tablets, Notebooks) effizient und äusserst einfach automatisiert werden und so zu einem «smarten Procurement» verhelfen, das einen dauerhaften Überblick mit allen notwendigen Informationen ermöglicht. Eine elementare Voraussetzung, wenn es darum geht, Aufgaben meisterlich zu tracken und termingerecht zu erledigen. 

Doch welche digitalen Hilfsmittel können nun genau zur Unterstützung der einzelnen Prozessschritte genutzt werden? 

Ausarbeitung und Evaluation

Bei der Erstellung eines RFI/RFP müssen Dokumente erarbeitet werden. Idealerweise erfolgt dies im Team zusammen mit den internen und teilweise auch externen Fachspezialisten direkt in der Cloud (OneDrive/SharePoint, Google Drive, iCloud), wo jeder immer auf die aktuellste Version eines Dokuments zugreifen und dieses gleichzeitig parallel zu anderen bearbeiten kann. Ausserdem können bei der Finalisierung des Dokuments Korrekturen und Kommentare direkt vorgenommen und Fragen direkt gestellt und beantwortet werden. Die Cloud-Lösung weiss jederzeit, wer welche Änderung vorgenommen hat, und bei Bedarf kann auf ältere Versionen zurückgegriffen werden. Der Versand der Unterlagen lässt sich ebenfalls über die Cloud organisieren. Letztlich lassen sich auch Fragen der Anbieter direkt in den Ausschreibungsdokumenten in der Cloud beantworten. So gibt es nur eine Quelle der Information und Diskrepanzen, bedingt durch Offline-Kopien oder mehrfachen Versand von verschiedenen Versionen eines Dokuments, werden vermieden.

Treffen nun die Angebote der einzelnen Anbieter ein, können diese ebenfalls in speziell geschützten Bereichen in der Cloud hinterlegt werden und ergänzende Fragen können gegebenenfalls auch in PDF-Versionen von Dokumenten behandelt werden.

Anbieterpräsentationen

Geht es nach der Prüfung der Angebote um Offert- und Lösungspräsentationen, ist es häufig schwierig, zeitnah Vor-Ort-Termine mit allen internen und externen Spezialisten zu organisieren. 
Oft liegen auch grössere geografische Distanzen zwischen den beteiligten Personen. Viel einfacher ist eine Kombination von physischer und virtueller Präsenz der Teilnehmer. Die Einladung zum physischen Meeting muss zusätzlich mit den Links für die virtuelle Teilnahme (Microsoft Teams oder Google Hangouts Meet) ergänzt werden. Diese Form der Meetings benötigt keine aufwendige Infrastruktur mehr, wie das früher beispielsweise bei Videoconferencing-Lösungen der Fall war, und lassen sich auch mit einfachen Mitteln in guter Qualität durchführen.

Damit ein Meeting mit physischer und virtueller Teilnahme effizient stattfinden kann, sind einige Grundregeln zu beachten: Bei der Erläuterung von Angeboten kommen oft auch spontan Visualisierungen (beispielsweise Skizzen auf Flipcharts) zum Einsatz. Auch dieser Aspekt lässt sich in virtuellen Meetings bewerkstelligen, muss aber bei der Vorbereitung des Meetings berücksichtigt werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie das Meeting effizient vorbereitet und anschliessend ohne grössere Aufwände dokumentiert werden kann. Hier bieten sich Apps wie OneNote, EverNote oder Confluence an. Mit diesen Tools können Meetings sehr effizient vorbereitet, während des Meetings Pendenzen erfasst und das Protokoll aktualisiert sowie letztlich zeitnah nach dem Meeting versendet werden.

Bereit für den Vertrag?

Nach dem Entscheid für einen Anbieter folgt die Vertragsausarbeitung. Auch bei diesem Schritt ist viel Interaktion zwischen den einzelnen Parteien notwendig. Im Grundsatz kann aber das analoge Vorgehen wie bei der RFI-/RFP-Erarbeitung (Abstimmung des Vertrags über die Cloud) angewendet werden.

Besteht nun Einigkeit zum Vertrag, folgt die Unterzeichnung. Auch diese kann in Abhängigkeit der existierenden Formvorschriften eines Vertrags heute grundsätzlich digital erfolgen, obwohl aktuell noch einige Unsicherheiten bezüglich der Gültigkeit und Anwendung der digitalen Identitäten bestehen.

Managen oder administrieren?

«Smart procurement» heisst: sich effizient, effektiv und agil in einem dynamischen Marktumfeld zu bewegen. Viele digitale Helfer (Apps mit Datenhaltung in der Cloud) benötigen keine grossen Investitionen und Infrastrukturen, können aber den Arbeitsalltag erheblich erleichtern. Wenn wir sie vernetzt mit Partnern einsetzen, dann erschliessen sich zusätzliche Effizienzsteigerungen in weniger gut strukturierbaren Beschaffungstätigkeiten. Entscheidend ist, sich mit diesen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, diese Hilfsmittel konsequent zu nutzen und zu versuchen, unsere Geschäftspartner ebenfalls mit diesem Virus anzustecken.

Wichtige Regeln für virtuelle Meetings

Die folgenden Punkte sind elementare Grundregeln, damit ein virtuelles Meeting lösungs- und ergebnisorientiert durchgeführt werden kann: 

  • Zeitliche Disziplin ist ein absolutes Muss.
  • Die zuhörenden Teilnehmer stellen ihre Mikrofone grundsätzlich auf stumm.
  • Jeder virtuelle Teilnehmer zieht sich an einen ruhigen Ort zurück, damit Neben-
  • geräusche für die anderen vermieden werden können.
  • Eine stabile Internetverbindung ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für ein geordnetes Meeting. (Die Teilnahme während der Fahrt mit dem Zug oder dem Auto ist ein absolutes No-go.)
  • Der Vorsitzende muss die besonderen Gegebenheiten bei der virtuellen Meeting-Teilnahme berücksichtigen (z. B. konkreter Hinweis auf die vor Ort teil-
  • nehmenden Personen, wenn kein Videobild der Teilnehmer im Meetingraum vorhanden ist).
  • Neben der Einhaltung dieser Grundregeln gibt es natürlich auch einen Knigge 
  • für die Teilnahme an virtuellen Meetings.

Reto von Arb

Der promovierte Ökonom ist geschäftsleitender Partner bei der Crealistic AG. Das Unternehmen ist im Programm- und Projektmanagement von ERP-Einführungs- und Konsolidierungsprojekten tätig.