PMI International Dezember 2020

PMI International Dezember 2020

Publiziert am Autor: Peter Rohner, Finanz und Wirtschaft

Die Omikronvariante und die Lieferkettenprobleme bedrohen den Aufschwung. Deutschland steht nach dem enttäuschenden vierten Quartal sogar am Rand einer Rezession. Die Frühindikatoren aus der Industrie aber geben Anlass zur Hoffnung, dass Europa im ersten Quartal 2022 auf den Wachstumspfad vom vergangenen Sommer zurückkehrt. Doch gleichzeitig zeichnet sich im Rest der Welt eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums ab.

Seit dem Ende des weltweiten Lockdowns im Sommer 2020 befindet sich die
Weltkonjunktur im Erholungsmodus. Das illustriert der globale Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managers Index, PMI) für
das verarbeitende Gewerbe, der im Sommer bis auf 56 kletterte. Werte über 50 signalisieren eine bessere Geschäftslage als im Vormonat und nehmen einen Anstieg
der Industrieproduktion vorweg. Werte unter 50 zeigen eine abnehmende Tätigkeit
in der Industrie an. 

Deutschland überrascht

Im Januar ist der globale PMI von 54,3 auf 53,2 gefallen, das niedrigste Niveau seit fünfzehn Monaten. Ein Teil derVerlangsamung geht auf die US-Industrie zurück, wo der Einkaufsmanagerindex von hohen 58,8 auf 57,6 gesunken ist. Der Rückgang umfasst fast alle Bereiche, angefangen bei den neuen Aufträgen bis hin zur Produktion. Neuen Schwung hat die Erholung dafür in der Eurozone erhalten. Gegenüber Dezember ist der Industrie-PMI von 58 auf 58,7 gestiegen, dem höchsten Stand seit letztem August und den neunzehnten Monat in Folge über 50. «Das verarbeitende Gewerbe schlägt sich unter Omikron besser als in den vorhergehenden Coronawellen», heisst es in einem Kommentar des Datendienstleisters IHS Markit, der die Umfragen durchführt und die PMI berechnet. Doch es gibt regionale Unterschiede: Deutschlands Industrie zum Beispiel hat die Ermüdungserscheinungen der letzten Monate überwunden. Der Index notiert wieder auf hohen 59,8, nach 57,4 imVormonat. In Frankreich und Italien hingegen hat sich die Dynamik leicht abgeschwächt. Doch mit 55,5 und 58,3 liegen die PMI auch dort zum wiederholten Mal klar in der Wachstumszone. 

Die Schweizer Industrie zeigt sich besonders widerstandsfähig gegenüber Omikron. Der entsprechende PMI des Branchenverbands Procure.ch und der Credit Suisse ist von revidierten 64,2 auf 63,8 gesunken. Damit nimmt er aber immer noch vor dem schwedischen Index den internationalen Spitzenplatz ein.

Die grosse Unbekannte ist China, wo die Probleme im Immobiliensektor und die weiterhin drastischen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus die Konjunktur bremsen. Obwohl Chinas Statistiker für das vierte Quartal eher überraschend einen BIP-Zuwachs von 4% berechnet haben, ist es zu früh, um Entwarnung zu geben. Im Januar ist der chinesische Industrie-PMI der Mediengruppe Caixin von 50,9 auf 49,1 gefallen, das niedrigste Niveau seit der ersten Coronawelle im Februar 2020. Der Wert signalisiert
eine abnehmende Industrieaktivität im Vergleich zum Vormonat. Der nationale Einkaufsmanagerindex der Statistikbehörde ist ebenfalls leicht gesunken, notiert aber mit 50,1 knapp über der Wachstumsgrenze. Die beiden Indizes unterscheiden sich: Im Caixin-Index sind mehr exportorientierte Unternehmen aus der Privatwirtschaft vertreten, während der offizielle PMI aus Peking den staatlichen Grosskonzernen etwas mehr Gewicht gibt.

Einbruch in Lateinamerika

Zu einem gewissen Grad ist die stockende Aktivität in den Fabriken der Null-Covid-Strategie zuzuschreiben, dadurch ist die Produktion und die Logistik eingeschränkt. Möglicherweise hat auch der Beginn der chinesischen Neujahrsferien einen Einfluss. Doch das Problem scheint grundlegender: So sind nun auch die bislang stabilen Exporte vom Abschwung getroffen. Der Subindex für neue Exportaufträge ist in der Caixin-Umfrage auf den tiefsten Stand seit Mai 2020 gefallen.

In den meisten anderen Schwellenländern ist das verarbeitende Gewerbe auf einem mehr oder weniger stabilenWachstumskurs, wobei das Tempo aber nicht mit jenem in den Industrieländern mithalten
kann. Augenfällig ist die Schwäche Lateinamerikas. Nach dem neuerlichen Rückfall liegt sowohl der mexikanische als auch der brasilianische Industrie-PMI wieder deutlich unterhalb der Grenze von
Wachstum und Kontraktion.

Quelle: Finanz und Wirtschaft vom 2. Februar 2022