Optimierung des indirekten Einkaufs – mehr als nur Einsparpotenzial

Optimierung des indirekten Einkaufs – mehr als nur Einsparpotenzial

Publiziert am Autor: Sébastien Bonnefous

Vielfältige Bereiche, fragmentierte Ausgaben, begrenzte Personalressourcen, mangelnde interne Kenntnis des Lieferantenmarktes – das sind die Hürden für eine Optimierung des indirekten Einkaufs. Das Ziel jeder Optimierung sind wiederkehrende Einsparungen bei gleichzeitig stabiler Qualität von eingekauften Produkten und Dienstleistungen.

Während der strategische Einkauf in den meisten Unternehmen von spezialisierten Einkäufern gesteuert wird, ist das beim indirekten Einkauf seltener der Fall. Besonders in KMU konzentriert sich die Einkaufsabteilung meist auf für das Unternehmen kritische und somit strategische Produkte und Dienstleistungen.

Ziel der Einkäufer ist es, Einkaufsstrategien für jede Kategorie zu entwickeln und sich gegenüber ihren internen Kunden als Fachperson zu positionieren, die mit effizienten, nachhaltigen Lösungen den Bedarf deckt und dabei Kosten antizipiert und steuert.

Stärkung der Rolle des Einkaufs

Gemäss unserer Einschätzung machen indirekte Ausgaben zwischen 20 und 40 Prozent des Einkaufsvolumens (und rund 70 bis 80 Prozent der Lieferanten) in einem Industrieunternehmen aus. Der indirekte Einkauf ist eine grosse Herausforderung für jedes Unternehmen und bietet oft ein bislang unausgeschöpftes Potenzial. Doch wie lässt sich eine spezifische Einkaufsmethode anwenden, wenn derart viele verschiedene Bereiche und Lieferanten einzubeziehen sind?

Der direkte Einkauf kann mithilfe einer stärkeren Integration der Kunden-Lieferanten-Beziehung optimiert werden. Dazu wird der Innovationsbeitrag mit Blick auf Produkte, Prozesse und Risikomanagement systematisiert. Die Prozentsätze der Optimierung müssen kontinuierlich anhalten, sind langfristig geplant und werden stets am Wachstum gemessen.

Beim nichtproduktiven Einkauf hingegen können starke, kurzfristige Optimierungen erzielt werden. Wenn das Team Einkäufer und Fachperson gut zusammenarbeitet, sind hohe Einsparungen möglich. Doch erst die Summe der Optimierungen bei verschiedenen Einkaufskategorien führt zu einem finanziellen Ergebnis, das für die Unternehmen von Interesse ist. Da sich der indirekte Einkauf oft auf zahlreiche interne Kunden verteilt, ist eine intern initiierte Optimierung schwierig. Dies ist ein gutes Argument dafür, zum indirekten Einkauf Fachleute hinzuzuziehen, die eine Einkaufsstrategie erarbeiten und die internen Kunden bei der Umstellung begleiten.

Welche Risiken bestehen? Kein Grund zur Sorge. Der nichtproduktive Einkauf hat naturgemäss wenig mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens zu tun. Demzufolge sind die Risiken begrenzt und kontrollierbar. Dennoch spielt auch hier ein adäquates Risikomanagement bei der Entscheidungsfindung im Einkauf – und insbesondere beim Aufbau von Geschäftspartnerschaften – eine zentrale Rolle.

Miteinbezug sämtlicher Lieferketten-Akteure

Ein konkretes Beispiel soll verdeutlichen, wie eng der Erfolg eines Projekts mit der Sensibilisierung und Einbeziehung sämtlicher Lieferkettenakteure verknüpft ist. Eine Detailhandelskette mit rund 20 grossen Filialen in der Schweiz will die Kosten für das Recycling ihrer Abfälle optimieren. Bis dato wurde der Abfall grösstenteils verbrannt. Im Rahmen des Projektes wurde deshalb jede Filiale auditiert – jeweils unter Miteinbezug des Filialleiters und des Lagerleiters.

Im Vorfeld wurde das Personal auf die unterschiedlichen, verwendeten Materialien und deren Recycling sensibilisiert. Dies führte in der Folge zu einem starken Rückgang der Gesamtkosten im Bereich der Abfallentsorgung, ohne dass sich beispielswese die Stückpreise wesentlich verringert hätten. Vielmehr hat sich bei den internen Akteuren ein Bewusstsein für die Problematik gebildet. Und die Denkweise hat sich verändert. Immer mehr Anbieter nehmen sich in die Verantwortung und setzen die neue Vorgehensweise bei der Abfalltrennung um.

Im vorliegenden Fall wurden die Angestellten über geeignete Recyclingmethoden aufgeklärt und verfügen somit über neue Kompetenzen – und neue Verantwortlichkeiten. Als Akteure der Veränderung betrachten die Angestellten den Einkauf nun mit ganz anderen Augen. Dies stärkt die Verbindung zur Einkaufsfunktion innerhalb des Unternehmens auf nachhaltige Weise. Ausserdem wird die zentrale Position des Einkaufs bei der Mehrwertgenerierung für das Unternehmen unterstützt.

Die Abfallentsorgung ist ein besonders gutes Beispiel für den indirekten Einkauf, denn obwohl es einige landesweit tätige Anbieter gibt, ist der Markt stark fragmentiert. Der Kunde arbeitete praktisch mit so vielen Lieferanten zusammen, wie er über Filialen verfügt. Das Projekt bot daher die Gelegenheit, die Beziehung zu mehreren bestehenden Partnern zu stärken und bei den Lieferanten das Bild einer modernen, verantwortungsbewussten Marke zu etablieren.

Die neue Strategie für die Abfalltrennung kann auch gegenüber den Kunden hervorgehoben werden. Warum sollte man also nicht kommunizieren, dass im Zuge des Projekts die Anzahl der Entsorgungstransporte halbiert wurde – und als direkte Folge davon die damit verbundenen CO2-Emissionen stark zurückgingen? Die Kunden von Zeit zu Zeit über die Optimierungen im Bereich der Abfalltrennung zu informieren, unterstreicht die wichtige Funktion des Personals zusätzlich und erhält die Motivation der Anbieter aufrecht.

Mehrwertgenerierung durch den indirekten Einkauf

Der indirekte Einkauf wirkt sich oft sehr direkt auf den vom Kunden wahrgenommenen Mehrwert aus. So kann eine logistische Optimierung oder ein vorteilhaftes Zollverfahren die Lieferzeiten für kritische Komponenten verkürzen. Schon lange gehen Verbesserungen des indirekten Einkaufs über die blosse Preisstrategie hinaus. Daher spricht man heute eher von Kostenmanagement (oder «Spend-Management»).

Der indirekte Einkauf wirkt sich intern wie extern also direkt auf die Mehrwertgenerierung Ihres Unternehmens aus. Er kann eine entscheidende Rolle für die langfristige Zufriedenheit Ihrer Kunden spielen. Worauf warten Sie noch? Nehmen Sie den Hebel für einen effizienteren Einkauf lieber sofort in die Hand.

Portrait Sébastien Bonnefous

Sébastien Bonnefous

Der Autor ist Manager bei der Melioris Einkaufsberatung AG in Baar. Er hält einen Mastertitel in Finanzen der Neoma Business School und setzt seine Einkaufserfahrung in zahlreichen schweizerischen Unternehmen und Verwaltungen gewinnbringend ein. Ausserdem führt er im Bereich Einkauf ein Beraterteam.

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