Konkret: Wie die Digitalisierung Einzug in die Weiterbildung hält

Konkret: Wie die Digitalisierung Einzug in die Weiterbildung hält

Publiziert am Autor: Jörg Schmitt

Für die Jugendlichen von heute ist es normal, digitale Medien für sich einzusetzen, sei es in der Schule oder im täglichen Leben. Google und WhatsApp sind ihre ständigen Begleiter. Hochschulen können sich diesem Wandel nicht entziehen. Die Dozierenden an Hochschulen müssen sich diesem Veränderungsprozess nachhaltig stellen und die Digitalisierung ihrer Lehre vorantreiben.


MAS «Supply Management Excellence»
Der MAS SME ist ein berufsbegleitendes Nachdiplomstudium für Personen mit mehrjähriger Erfahrung im strategischen Einkauf und Supply Management. Der MAS ist eine gemeinsame Entwicklung von procure.ch und der FHNW. Mehr Informationen unter:
MAS SME


Die ständige Erreichbarkeit und Vernetzung über soziale Netzwerke ist Alltag für die Studierenden. Die Nutzung von Smartphones ist genauso selbstverständlich wie das Tragen einer Uhr. Wirft man heute einen Blick in die Hörsäle, so sieht man kaum keinen Studierenden ohne Laptop oder Tablet. Die «digital natives» sind fester Bestandteil im Hochschulalltag. Die Dozierenden dazu sind an Hochschulen im Gegensatz in der Mehrheit «digital immigrants», dieser Begriff steht für Personen, die erst im Erwachsenenalter die digitale Welt kennengelernt haben. Die Vorlesungen bauen daher meistens noch auf dem seit Jahrzehnten gewohnten Frontalunterricht auf. Der Dozent doziert, nutzt vielfach die Wandtafel, die Studierenden hören in den Sitzreihen den Stoff, willkommen in der Welt der Gegenwart. Im Gegensatz dazu sind die jungen Menschen gewohnt, sich unabhängig von Zeit und Ort Informationen digital anzueignen. Für Dozierende bedeutet das: Die Digitalisierung ist Normalfall, digitale Skripte als PDF-Files anzubieten reicht nicht aus.

Wie könnte man auch schreiben, die «digitale Revolution» hat die Hörsäle erreicht. Es gilt vielmehr: Die Didaktik muss die neuen Technologien für sich nutzen und neue Lehrangebote den Studierenden anbieten. Eine dieser Auswirkungen ist, dass der alte Präsenzunterricht nicht weiterleben wird. Es müssen neue Lehrkonzepte eingeführt werden. Im Folgenden werden digitale Lehrkonzepte vorgestellt und erläutert.

Massive Open Online Courses (MOOCs)

Ein MOOC ist ein Videokurs der meistens kostenfrei von Hochschulen angeboten wird, nur das Testat über eine erfolgreiche Teilnahme ist kostenpflichtig. Diese Art der Wissensvermittlung ermöglicht eine offene und ortsunabhängige akademische Bildung bei freier Zeiteinteilung. Diese Bildungsangebote könnten für Entwicklungsländer neue Möglichkeiten an einer Teilnahme an Wissensvermittlung bieten. MOOCs werden auch als Ergänzung zum klassischen Studium bei überfüllten Hörsälen genutzt. Studierende können sich das Lehrangebot auswählen und, so oft sie wollen, den Stoff wiederholen. An über 800 Hochschulen werden über 10 000 Kurse angeboten, alleine im Herbstsemester 2018 wurden an 190 Hochschulen 600 neue Kurse online gestellt (Quelle: Handelszeitung, 6.11.2018).

Die Herausforderungen für dieses Bildungsformat sind: eine geringe Abschlussquote, hoher Zeiteinsatz für Studie- rende, schwache soziale Bindung unter den Teilnehmenden, eigenzentriertes Lernen, Betreuung der Lernenden über Zeitgrenzen hinaus und letztlich die geringe Wirtschaftlichkeit aus ökonomischer Sicht.

Blended learning

In dieser Lernform werden die Vorteile einer Präsenzvorlesung mit E-Learning kombiniert. Die Studierenden verfügen über eine freie Zeiteinteilung für die Vor- und Nachbereitung des Stoffes. Die theoretischen Grundlagen können unbegrenzt wiederholt werden. Die Studierenden treffen sich persönlich bei Präsenztreffen und können in Lerngruppen physisch zusammenarbeiten.

Die Herausforderungen bestehen aus: Neue durchgängige Curricula (Lehrplan aufbauend auf dem didaktischen Konzept) müssen durch die Dozierenden entwickelt werden, fehlendes Training der Dozierenden für diese Art der Lehre und Übertragen der Skripte ins PDF-Format reichen nicht aus.

Project-based learning

In dieser Unterrichtsmethode finden die Studierenden selbstständig eine Lösung für ein vorgegebenes Problem. Dieses Problem sollte neugierig machen und zum eigenständigen Nachforschen motivieren. Die Klärung unbekannter Begriffe findet in Lerngruppen statt, und es können von Studierenden neue Lösungskonzepte entwickelt werden. Es werden gewonnene Informationen verifiziert oder falsifiziert. Die Studierenden motivieren sich intrinsisch. Die Herausforderung dabei: Der Dozierende wird zum Coach der Studierenden, den alten Frontalunterricht gibt es nicht mehr, dieses Format benötigt grössere Investitionen in den Lehrbetrieb, da hier ein erhöhter Betreuungsaufwand durch das Coaching der Studierenden entsteht.

Wie wird Digitalisierung im MAS SME gelehrt?

Die Vorlesungen im MAS «Supply Management Excellence» folgen der Vision «Die Studierenden sind fit und bereit für die digitale Transformation».

Die Lehrinhalte wurden hinsichtlich der Themen Digitalisierung und digitaler Transformation ergänzt bzw. angepasst. So wurden neue Dozierende engagiert, die aus der Forschung oder angewandten Digitalisierung kommen. Die Studierenden lernen, mit komplexen Themen umzugehen und diese zu interpretieren. Sie werden angeleitet, ihre eigene Kreativität wieder zu entdecken und Innovationen als Chance anzusehen. Sie überdenken ihre alten Denkmuster. Für ein Problem finden sie mindestens drei Lösungen, die im Anschluss mittels einer Nutzwertanalyse bewertet werden; so wird auch das Denken in Varianten gestützt. Weiterhin wird das erworbene Wissen in Projekten beim Auftraggeber umgesetzt und angewandt. In diesen Projekten arbeiten vier Studierende à 100 Stunden in einem Team zusammen und erarbeiten Lösungen zu einer konkreten Problemstellung aus der Praxis. Die Wissensvermittlung wird durch Selbsttests, E-Coaching und Livecoaching unterstützt. Dieses Lernformat trifft bei den Studierenden auf grosse Zustimmung.

Herausforderungen durch «learning analytics»

Lernen zu analysieren, bedeutet unter anderem auch, verschiedenste Daten zu interpretieren. Der kanadische Lerntheoretiker George Siemens umreisst das ganz passend mit  «das Messen, Sammeln, Analysieren und Auswerten von Daten über Lernende und ihren Kontext mit dem Ziel, das Lernen und die Lernumgebung zu verstehen und zu optimieren».

Die Herausforderung besteht hier in: erhöhte Ansprüche an die Ethik der Dozierenden, Datenschutz für die Teilnehmenden und Datenmissbrauch. Mit «learning analytics» können Daten über das Lernverhalten, die Leistungsfähigkeit, die Aufnahmefähigkeit und die Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmenden gesammelt werden. Diese so erhaltenen Daten kann man zur Weitentwicklung der E-Learning-Programme einsetzen oder zukünftigen Arbeitgebern mitteilen. Anbieter, Dozierende und Studierende sind angehalten, mit diesen Informationen verantwortungsvoll umzugehen. Aus den vorgängig genannten Punkten wird «learning analytics» im MAS bewusst nicht eingesetzt.

Portrait Jörg Schmitt

Jörg Schmitt

Der Studiengangleiter MAS «Supply Management Excellence» und Dozent für Wirtschaftsingenieurwesen unterrichtet seit bald 20 Jahren an der Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Technik (FHNW).

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