Keine Hexerei: erfolgreich mit China geschäften
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Der erfolgreiche Einkauf von Zulieferprodukten aus China basiert einerseits auf einer adäquaten Markteinschätzung. Zudem gilt es, die Eigenheiten des Geschäftens mit China, ausgehend vom Heimatland Schweiz, richtig einzuschätzen und zu handhaben.
Das chinesische Recht beispielsweise birgt Fallstricke, die besser im Voraus ausgeräumt werden sollten. So auch das Arbeitsrecht. Die richtige Gestaltung von Arbeitsverträgen und worauf es besonders ankommt, sollte man in Erfahrung bringen.
Arbeitsrecht
Arbeitsverträge mit chinesischen Gesellschaften können problematisch sein. Ein Beispielfall: Nach einem Zerwürfnis mit der Muttergesellschaft wird dem Schweizer Arbeitnehmer, der bei einer chinesischen Tochtergesellschaft angestellt ist, gekündigt. Seitens Arbeitnehmer bestehen Lohnansprüche und Forderungen gegenüber der chinesischen Tochtergesellschaft. Die Kündigung wird vom Arbeitnehmer als unwirksam gesehen. Nach chinesischem Recht erschien hier keine Lösung zeitnah erreichbar. Ausserhalb eines Gerichtsverfahrens konnte aber mittels eines Mediators eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Die Parteien einigten sich darauf, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer seine Forderungen sowie den rückständigen Lohn inklusive Abfindung bezahlt bekommt. Die Kosten der Mediation wurden geteilt.
Lässt sich ein Arbeitsvertrag nach chinesischem Recht nicht vermeiden, ist darauf zu achten, dass Mediation von vornherein vertraglich vereinbart wird, um bei Auseinandersetzungen nicht vor den staatlichen Gerichten in China zu landen.
In der Verhandlungsführung mit chinesischen Geschäftspartnern bedeutet ein «Ja» etwa «Ich höre, was du sagst». Eine konkrete Umsetzung einer Vereinbarung kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Missverständnisse sind bestmöglich zu vermeiden und Gesprächsinhalte richtig zu interpretieren.
Interkulturelle Landeskunde
Trotz technischer Absprache wird dennoch oft am chinesischen Gesprächspartner vorbeigeredet. Ein Beispielfall: Ein Produktingenieur wird für die Lösung eines Kundenproblems nach China entsendet. Das Problem scheint gelöst. Man bittet um Detailbeschreibung der technischen Lösung für die Berichterstattung. Es kommt trotz nachdrücklicher Aufforderung keine Lösungsspezifikation.
Es kann viele Gründe für das Verhalten der chinesischen Seite geben. Die wahrscheinlichste Erklärung: Statt einer technischen Lösung wird es gelungen sein, eine politische Lösung für das Kundenproblem zu finden. Zwar wurde das ursächliche Problem nicht gelöst, dafür aber eine kostenlose Ersatzteillieferung ausgehandelt. Für chinesische Unternehmen gilt ein Vertrag oftmals als Richtlinie und nicht als ultimative Regelung. Man hoffte dem Druck des Hauptquartiers so lange standhalten zu können, bis eine Lösung gefunden wird. Vielleicht ist es zu einer Lösung gekommen, die man gegenüber dem Ingenieur zu verschweigen versucht.
Chinesisch geprägte Gesprächsabläufe, Verhandlungsrituale und Problemlösungen sind aus Sicht des Schweizer Geschäftspartners teilweise ungewohnt. Grund dafür sind Verhaltenskulturen, denen andere Leitmotive zugrunde liegen, die es kennenzulernen gilt.
Neben rechtlichen und interkulturellen Aspekten zählt der technische Einkauf zu den Königsdisziplinen des Chinageschäftes. Für europäische Einkäufer bieten sich hier häufig chinesische Produktanbieter an, die wunschgemäss liefern.
Technischer Einkauf in China
Die Wahl des Teilelieferanten in China ist aber nicht einfach. Ein Beispielfall: Der Druck auf die Herstellkosten eines Schweizer Maschinenbauers hat stark zugenommen. Man trifft die Entscheidung, in China gefertigte Komponenten zuzukaufen und am Schweizer Fertigungsstandort zu verbauen. Die Komponentenqualität hat hohen Einfluss auf die Belastbarkeit der Maschinen. Zwar wurde ein Teilelieferant mit Testprodukten gefunden. Doch es stellen sich einige Fragen: Ist das Unternehmen lediglich Zwischenlieferant? Wurden die Materiallegierungen nach vorgegebenen Normen realisiert? Wie hoch ist das Risiko bezüglich Fehllieferungen, Nachbesserungen, Lieferdiskontinuität und Nichteinhaltung von Normen?
Zur Risikominimierung sind der Aufbau und die kontinuierliche Pflege der Beziehung zu den Lieferanten anzustreben. Beispielsweise durch permanent vor Ort präsente Agenten, die mit den Gegebenheiten vertraut sind. Darüber hinaus fördert auch eine gemeinschaftliche Teileentwicklung die Produktqualität. Die Beziehung zum Lieferanten wird dadurch erheblich gefestigt und gewinnt an Qualität.
Fazit
Dank aktivem Lieferantenmanagement vor Ort sind qualitative Zulieferungen aus China keine Hexerei. Mit der Verankerung von Absicherungsmassnahmen, einem Netzwerk und Kenntnis des chinesischen Marktes gestaltet sich die Chancenverwertung attraktiv. Im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung sollten auch chinaerfahrene Akteure ihre Positionierung regelmässig überprüfen. Die Dynamik des chinesischen Marktes ist so hoch, dass man schnell einmal den Anschluss an die Marktverhältnisse verpassen kann. Es lohnt sich, denn Produkte die das Siegel «Swiss made» oder «Swiss made in China» tragen, werden auch von chinesischen Kunden geschätzt. China ist somit zugleich ein lukrativer Absatzmarkt.
Hinsichtlich Optimierung des technikbasierten Chinageschäftes hat die ZHAW School of Engineering das Weiterbildungsangebot «CAS Engineering in China» lanciert. Dem Prinzip «von der Praxis für die Praxis» folgend lernen die Teilnehmenden das technikbasierte Chinageschäft im Detail kennen. Die praktische Umsetzung wird direkt mit einem inkludierten einwöchigen Chinaaufenthalt mitgeliefert.
Udo Müller
Der promovierte Ökonom ist Dozent an der ZHAW in Zürich. Er vermittelt seit 12 Jahren mit internationalen Projekten und Wirtschaftsexkursionen Erfahrung im Chinageschäft; dem Leitgedanken folgend - Wissen praxisorientiert und spannend weiterzugeben.