Internationale Geschäfte und deren Tücken: Rückblick Fachtagung Import/Export
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Wie die Handelszeitung im Frühjahr berichtete, hat die Schweiz das gute Wirtschaftsjahr 2018 vor allem dem starken Export zu verdanken: Hiesige Unternehmen verkauften Güter und Waren im Wert von 233 Milliarden Franken ins Ausland. Die Ausfuhren stiegen um fast 6 Prozent – so stark wie seit acht Jahren nicht mehr.
Das Wachstum hat sich jedoch verlangsamt und die globale Konjunktur kühlt sich merkbar ab. Seit der der Finanzkrise 2009 nimmt der Protektionismus weltweit zu und die mit dem Handelskrieg verbundenen Unsicherheiten belasten die Wirtschaft zunehmend. Die exportorientierten Unternehmen sind entsprechend weniger optimistisch. Das zeigte der Exportrisiko-Monitor 2019 des Kreditversicherers Euler Hermes und der Berner Fachhochschule. Sie untersuchen jährlich das Währungsrisiko, konjunkturelle und politische Risiken sowie Korruptions- und Cyberrisiken in der Schweizer Wirtschaft. In dieser Studie wird das Währungsrisiko immer noch von über 70 Prozent der befragten Unternehmen als grösste Gefahr wahrgenommen, gefolgt vom konjunkturellen Risiko.
Ein ebenso interessanter Einblick gibt die Studie der Credit-Suisse «Exporthürden in der Praxis». Diese hat insbesondere die Auswirkungen von Handelshemmnissen unter die Lupe genommen und dazu rund 560 exportorientierte Schweizer KMU befragt. Die Umfrage zeigt, dass in der Schweiz heute Handelsschranken häufiger als Herausforderung wahrgenommen werden als noch vor fünf Jahren. In etlichen Märkten sind Zölle sowie nichttarifäre Hindernisse wie Ursprungsnachweise oder Zertifizierungen als Herausforderung erwähnt. Die grössten Herausforderungen sind auch in dieser Studie die hohen Preise der eigenen Produkte sowie das Wechselkursrisiko.
Im Visier: Unternehmerische Leitplanken
Blickt man hinter die Kulisse von international tätigen Schweizer Unternehmen, ist die internationale Geschäftstätigkeit definitiv mehr als Business-as-usual auf englisch. Nahezu alle Unternehmensbereiche sind von der Internationalisierung betroffen. Laut Claudia Feusi, Fachexpertin und Moderatorin der Fachtagung, «fehle es jedoch in zahlreichen Unternehmen an intern Leitplanken, Transparenz und gezielter strategischer Steuerung der relevanten unternehmerischen Prozesse in etlichen operativen Bereichen»“. Entsprechend gross war der Diskussionsbedarf an der Tagung.
Der Stellenwert der Internationalisierung rückt somit in der Praxis immer mehr in den Fokus. Längst seien laut der Expertin auch Beschaffungsstrategien und Einkaufsverträge und national tätige Zulieferanten in den Fokus des internationalen Absatzkette geraten: «Nur mit einem übergreifenden Prozess- und Stammdatenmanagement seien die Hürden des Absatzes erfolgreich zu bewältigen und Risiken zu minimierien».
Gewinnoptimierung dank Freihandelsabkommen
Wie eingangs erwähnt, sind für ungefähr die Hälfte der befragten Unternehmen tarifäre Massnahmen (Zölle und Abgaben) eine Herausforderung. Diesen Handelshemmnissen kann direkt mit konkreten Massnahmen begegnet werden. Durch Nutzung von Freihandelsabkommen können Import- und Exportkosten massiv gesenkt werden. Diese spielen auch bei der Wahl von Produktionsstandorten eine zentrale Rolle. «Richtig evaluiert, hat sich dank dem starken Freihandelsnetz der Schweiz schon das eine oder andere Unternehmen gegen eine Produktionsverlagerung entschieden», so die Expertin. Die Inhalte der Freihandelsabkommen bieten international tätigen Unternehmen erhebliche und direkte Einsparmöglichkeiten: Zölle können weltweit zwischen 0% bis hin zu 90% vom Warenwert ausmachen. Werden Produkte im Rahmen von Freihandelszonen geliefert, können in der Schweiz beim Warenimport direkt durch das Unternehmen eine Zollbegünstigung beantragt werden. Dies sei laut Expertin besonders wichtig im Export: «Durch ein gezieltes, unternehmerisches Ursprungs-Management-System könne der Kaufpreis für den Kunden massiv gesenkt werden. Davon würden vorallem KMU’s profitieren.» Es sei zudem wichtig. Aufwand und Ertrag mittels Kosten-Nutzen-Analyse gegenüberzustellen. «Den das Ursprungs-Management bedarf einem Stammdaten-Management, bei dem in einem ersten Schritt nur Profis ans Werk sollten».
Business Case China
Bei der Bearbeitung von Märkten gibt es verschiedene Strategien. Jede Branche und jedes Land hat eigene Usanzen. Am Beispiel China wurde durch einen ausgewiesenen Berufspraktiker die Bedeutung der Internationalisierung für die Verhandlungsführung und das Order Processing eindrucksvoll erläutert. Die Relevanz des Beschaffungs- und Absatzmarktes China ist unbestritten. Wer jedoch mit China erfolgreich Geschäfte abschliessen will, muss sich über kulturelle Besonderheiten, aber auch rechtlichen Rahmenbedingungen vertieft auskennen. Eine oberflächliche Recherche kann relativ rasch in einem Engpass enden. Wer kein Chinesisch spricht, sollte sich zudem nicht darauf verlassen, dass er mit Englisch durchkommt. Zudem ist der Verhandlungszeitraum häufig länger, da chinesische Geschäftspartner ihren Verhandlungspartner der gleichen Hierarchieebene erst einmal kennenlernen wollen. Nebst do-s und don’ts bei der Verhandlung ist es mehr als nur nützlich, Zertifizierungs- und Zollverfahren in China genauer kennenzulernen. So können Mehrkosten und Lieferverzögerungen frühzeitig entgegengewirkt werden. Alle diese Aspekte sollten bereits vor Vertragsabschluss berücksichtigt und eingebunden werden.
Business Case EU-Distribution
Wie in den Studien erwähnt, ist der Absatz- und Beschaffungsmarkt EU für die Schweiz besonders wichtig. Optimale Laufzeiten in wichtige Wirtschaftszentren können mithilfe von strategisch geschickt geplanten Prozessen optimiert werden. Schweizer Unternehmen können beispielsweise den Status eines EU-Lieferanten erhalten. So können Kunden in der EU unter gleichen steuerlichen Bedingungen wie diejenigen von Mitbewerber aus einem EU-Land beliefern werden. Da in diesem Fall keine Einfuhrumsatzsteuer zu verauslagen ist, verbessert sich die Liquidität und es kann von Zinsvorteilen profitiert werden. Zudem erfolgt eine schnellere Auslieferung beim Empfänger. Doch mit der entsprechenden Registration ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Als Schweizer Unternehmen sind die strikten Voraussetzungen und Formvorgaben der EU oftmals nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine kulturelle Hürde, die es zu berücksichtigen gilt. Der Spielraum ist wesentlich enger, als wir es uns in der Schweiz teilweise gewohnt sind und bedarf einer klaren internen Leitplanke in Bezug auf die Rechungsstellung und Fallprüfung. Am Beispiel von Neuerungen der relevanten gesetzlichen Grundlangen in der EU wurde an der Tagung exemplarisch auf die Bedeutung des Themas EU-Mehrwersteuer und die Tücken der Geschäftsabwicklung mit der EU hinwiesen.
Veränderungen des internationalen Umfelds und der Transportwelt
Die Zukunft gehört der digitalen Transportabwicklung. Die Zukunft ist sogar schon da: Hafen-Terminals werden komplett von Maschinen betrieben. Elefanten-Konvois gehen in die Testphase. Platooning und Blockchain sind weitere Schlagworte der Transportkette, die ein unsichtbares Band verbindet. Durch die Seidenstrasse verbindet sich Asien mit der ganzen Welt. Dabei soll der Weg der Fracht zukünftig generell effizienter und umweltfreundlicher werden. Im Fokus der Fachtagung standen nebst diesen aufgeführten Trends auch die Entwicklung der Transportkosten sowie kommenden Hürden im Bereich Land-, See- und Lufttransport.
Der Fussabdruck der Schweiz
Zu den Themen der Internationalisierung gehört auch das Thema Klimawandel. Die Schweiz steht dabei besonders im Fokus, den der Schweizer CO2-Fussabdruckist gemäss Studien des Bundesamts für Statistik zu mindestens zwei Dritteln im Ausland. Die Schweiz hat einen Fussabdruck pro Kopf, der uns auf die vierzehnte Stelle in der Welt bringt. In Europa sind wir auf Platz drei, hinter Luxemburg und Belgien. Dies, weil die Schweiz massgebende Industrien ausgelagert hat. Dabei sind internationale Flüge noch nicht eingerechnet. Die Schweiz ist damit gefordert, nicht nur Inlandsreduktionen, sondern auch die Verantwortung im Ausland zu berücksichtigen. Das Thema ist in der Politik jedoch vermutlich noch nebensächlich, weil es uns nicht bewusst genug ist, wie gross unser Einfluss auf die Welt ist. Dieses Thema wurde an der Tagung nur vereinzelt angesprochen, dürfte jedoch in Zukunft einen höheren Stellenwert gewinnen.
Unternehmerische Haftungsfragen, bewusste Nebenrolle für Trump
Die Strafzölle der USA gegen die wichtigsten Handelspartner haben einen Konflikt mit unabsehbaren Folgen ausgelöst. Hauptziel der US-Zölle ist bis anhin China, es sind jedoch auch andere Handelspartner wie die EU im Visier. Die Schweiz ist dabei bei einzelnen Produkten auch betroffen.. Das Thema Strafzölle wurde an der Tagung bewusst auf ein notwendiges Minimum reduziert. Stattdessen wurde auf Fragestellungen und Risiken im Bereich internationales Vertragsrecht, die neuen Incoterms® 2020 sowie Haftungsfragen des Zollrechts eingegangen. Das Fazit: Eine sehr gelungene, abwechslungsreiche Fachtagung mit eindeutigem Wiederholungscharakter!
Wer sich weiter in die Thematik vertiefen will, dem legen wir ans Herz, eines unserer nächsten Seminare im Bereich «Import, Zoll & Warenursprung» zu besuchen:
Claudia Feusi ist diplomierte Import- und Exportleiterin, Zollfachfrau mit Fachausweis sowie Geschäftsführerin von «zollschule.ch», einer Zollberatung für KMU.