Über Interna, sprayende Omas und Tak-Tak-Tak
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Moderatorin Janine Geigele umriss ziemlich genau die Vorfreude, die im altehrwürdigen Saal des Hotel Bellevue Palace in Bern zu spüren war, als sie pünktlich um 09:45 Uhr Uhr die Frühjahrstagung eröffnete: «Nach zwei Jahren Unterbruch können wir uns endlich wieder vor Ort versammeln, Neues erfahren und uns austauschen»
Nach einer kurzen Begrüssung durch Geschäftsführer Andreas Kyburz ging es auch bereits los mit der ersten von vier Keynotes.
Oona über Omas und Megatrends
Isaura Santos Costa (90) nimmt gerne mal die Spraydose zur Hand und verschönert Fassaden mit Kunst. Grossmütter, die mit Spraydosen Kunst erschaffen, wirken verstörend und lassen sich nur schwer in bestehende Denkmuster einordnen.
Mit dem Bild der sprayenden Oma wollte Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern versinnbildlichen, dass es ohne Offenheit und Agilität nicht möglich ist, neue Megatrends (die früher oder später zu Regeln werden können) zu verstehen und damit umzugehen lernen. So ein Megatrend sei zum Beispiel New Work. Heute sei nicht mehr eine gute Work-Life-Balance angesagt sondern Work-Life-Blending.
Das Verschmelzen von Arbeits- und Privatleben und die Aufhebung klar definierter Grenzen der beiden Bereiche sei gerade in den letzen zwei Jahren zur Normalität geworden – und Ausgangspunkt für weitere substantielle Veränderungen der Arbeitswelt. Wer als Unternehmen attraktiv für Fachkräfte sein wolle, müsse sich dieser Dynamik stellen.
Interna und Strategisches
Wie agil auch 60jährige sein können, das beweist procure.ch. So führte der Verband seine Generalversammlung Ende April 2022 bereits zum dritten Mal digital durch. Mit 164 Stimmberechtigten gab es dieses Jahr gar eine rekordhohe Beteiligung, wie Geschäftsführer Andreas Kyburz ab 11 Uhr berichtete. Sämtliche Vorlagen und Traktanden seien gemäss Vorschlag beziehungsweise Antrag deutlich angenommen worden. Im Durchschnitt mit acht Enthaltungen, je einer Nein-Stimme bei sieben Traktanden. Somit seien auch alle Vorstandsmitglieder wiedergewählt und das Präsidium von Adrian Jungo bestätigt.
Dieser ging kurz auf die Relevanz und die Strategie des vor über 60 Jahren gegründeten Verbandes ein. Die drei Pfeiler – Bildung, Netzwerk und Prüfung – bewähren sich laut Präsident Jungo nach wie vor. Mit den aktuell insgesamt sieben Lehrgängen (Sachbearbeiterin Einkauf, Einkaufsfachfrau, Spezialistin öffentliche Beschaffung, Aussenhandelsfachfrau, Einkaufsleiterin, Certified Digital Procurement Manager, Customs and Trade Professional sowie Supplier Quality Management) sei die Finanzierung der Verbandsleistungen sichergestellt.
Am Ende seiner Ausführungen bat der Präsident die anwesenden Mitglieder des Vorstandes auf die Bühne und stellte diese namentlich kurz vor. Selbiges tat Geschäftsführer Kyburz, der das Team der Geschäftsstelle und die dazugestossenen Familienmitglieder der HFA hierzu auf die Bühne bat. Das Team der Geschäftsstelle verteilte anschliessend weisse und rosa Nelken an die Besucher der Tagung.
Sich die Ausreden ausreden
«Wer soll uns die Ausreden, die wir uns einreden, wieder ausreden» – damit beschäftigte sich Benedikt Ahlfeld. Der charmante, etwas unverfrorene Wiener legte dar, wie man bewusst Verantwortung für das eigene Leben übernehmen kann.
Seine fünf Maximen des erfolgreichen Selbstmanagements – wie beispielsweise zu beobachten, anstatt zu bewerten, sich Herausforderungen mutig entgegenzustellen und ehrlich mit sich selbst zu sein – sollen es jedem ermöglichen, die eigenen Ziele endlich motiviert anzugehen und die Weichen so auf mehr Lebensqualität, Glück in der Partnerschaft und Erfolg im Beruf zu stellen. Da gelte es auch, sich ab und an zu überwinden. Und sei es nur, einen unsymphathischen Zeitgenossen anzusprechen. Möglicherweise entwickle sich gerade aus dieser Begegnung eine lebenslange Freundschaft.
Selbstführung ist zentral
«Unsere grössten Feinde sind Ablenkung, Ausreden, Aufschieben, Unentschlossenheit, Zweifel» – das stand für Referentin Nicole Brandes ausser Zweifel. Wer sich davon ablenken lasse, dem gelinge es nicht, zu innerer Stärke im äusseren Chaos zu finden. Als Führungspersönlichkeit müsse man vor allem seine eigenen Sehnsüchte und Bedürfnisse kennen und hier investieren, um überhaupt erst andere führen zu können.
Anders getaktete Aufmerksamkeit
Rhyhtmisches Klatschen forderte Simon Schnetzer gleich zu Beginn seiner Ausführungen ein. Das sei die Zeitspanne, die heute gelte, wenn es um Kommunikation mit der Generation Z gehe. Wie ein attraktives Arbeitsumfald aus Sicht der zwischen 1997 und 2012 Geborenen aussehen sollte, das beleuchtete Jugendforscher Simon Schnetzer zum Abschluss in seinem Referat «Umdenken: Generation Zukunft».
Wer in Zeiten des Fachkräftemangels als Arbeitgeber attraktiv für die «Jungen» sein wolle, der müsse wissen, wie diese Menschen ticken, ihre Bedürfnisse und Zukunftsängste kennen. So hätten junge Menschen heutzutage oft Angst, Entscheidungen zu treffen. Zudem habe sich die Hauptmotivation im Arbeitsumfeld vor allem aufgrund der pandemischen Zeitspanne vom Spass an der Arbeit zu Geld und Sicherheit als Hauptmotivator verschoben. Nur so gelinge es, die Aufmerksamkeit dieser Zielgruppe zu bekommen, zu halten und zu nutzen.
Danksagung und Ausblick
Den zahlreich erschienenen Teilnehmenden, den Sponsoren, den helfenden Händen im Hintergrund – und auch der Moderatorin Janine Geigele – sei an dieser Stelle herzlich für ihren Beitrag zum Gelingen gedankt.
Die nächste Frühjahrstagung findet im kommenden Jahr am 12. Mai 2023 statt.
Mario Walser
Der Autor leitet seit 2015 die Redaktion des «Procure Swiss Magazin». Der Politologe verfügt über langjährige Erfahrung in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit