Good Practice im Dienstleistungseinkauf

Good Practice im Dienstleistungseinkauf

Publiziert am Autor: Erik Hofmann, Martin Hänsel

Die Performance-Excellence-Studie 2017 der Universität St. Gallen (HSG) zeigt auf, was moderne Unternehmen tun müssen, wenn sie den Einkauf von Dienstleistungen zeitgemäss handhaben wollen.

Während man bei der Güterbeschaffung schon länger auf hochprofessionalisierte Verfahren zurückgreifen kann, konstatiert der typische Einkäufer bei der Beschaffung von Dienstleistungen immer noch grosse Unsicherheiten.

Typische Probleme beim Dienstleistungseinkauf lassen sich in einer fehlenden Markttransparenz, einer erschwerten Identifikation von Einsparpotenzialen sowie der Sicherstellung der gewünschten Dienstleistungsqualität ausmachen. Obgleich je nach Branche Dienstleistungen mittlerweile einen Anteil von bis zu 80 Prozent am gesamten Einkaufsvolumen ausmachen, scheint hier kaum Besserung in Sicht.

Performance-Studie Schweiz

Vor diesem Hintergrund initiierte das Institut für Supply Chain Management der Universität St.Gallen (ISCM-HSG) auch 2017 zum wiederholten Mal die Performance-Excellence-Studie zur Dienstleistungsbeschaffung im Schweizer Raum. Diese beinhaltet über 100 Fragen, die jeweils einen bestimmten Aspekt des Dienstleistungseinkaufs aufgreifen.

Mithilfe von verschiedenen empirischen Analysemethoden wurden sowohl branchenspezifische als auch gesamthafte Auswertungen durchgeführt. Weiterhin konnten Wirkungszusammenhänge zwischen verschiedenen Faktoren aufgezeigt beziehungsweise nachgewiesen und Good-Practice-Ansätze erschlossen werden. Eine Auswahl von drei Ansätzen soll nachfolgend aufgezeigt werden.

Fachwissen führt zum Erfolg

Mit Blick auf verschiedeneDienstleistungen zeigt sich, dass diese häufig nicht mehr allein, sondern in Bündeln bezogen werden. Durch eine stetige Zunahme an digitalen Inhalten lässt sich aufzeigen, dass selbst klassische Dienstleistungen inzwischen mit informations- und kommunikationstechnischen (ICT-) Elementen verknüpft sind. Obgleich diese in der Regel eine Prozessverbesserung für den Nutzer anstreben, erhöhen sie aus Beschaffungssicht aber auch den damit einhergehenden Aufwand. Während Facheinkäufer vor wenigen Jahren noch Logistik-, Marketing- und Facility-Dienstleitungen bezogen haben, benötigen sie heute zusätzlich ein fundiertes Wissen über verschiedene IT-Komponenten (zum Beispiel zu Tablets, IT- oder Cloud-Schnittstellen). Die Studie verdeutlicht hier die Dramatik. Bisher haben nur rund elf Prozent der Schweizer Unternehmen entsprechende Schulungsmassnahmen für ihre Einkäufer etabliert. Um hier nicht den Anschluss im nationalen oder internationalen Vergleich zu verlieren, gilt es, der digitalen Entwicklung mit geeigneten Strategien zu begegnen. 

Digitalisierung im Einkauf

Neben allgemeinen Beschaffungsthemen fokussierte die Studie in diesem Jahr auch auf die Bereiche Digitalisierung und Industrie 4.0. Dabei sollten verschiedene interne und externe Einflussfaktoren erschlossen werden, die positiv oder negativ auf die Dienstleistungsbeschaffung wirken.
Insgesamt zeigt sich, dass es Unternehmen immer noch schwerfällt, mit geeigneten Massnahmen auf externe Einflussfaktoren vollumfänglich zu reagieren. So wurden fehlende Datenschutzregulierungen, aber auch die Sorge vor Cyberangriffen als grösste Hindernisse zur Einführung neuartiger Technologien gesehen. Obgleich über 66 Prozent der Teilnehmer die Relevanz von Industrie-4.0-Technologien für den Einkauf sehen, haben bisher nur rund sechs Prozent entsprechende Lösungen bei sich im Unternehmen implementiert. Hier bestehet bei fast allen Teilnehmern Nachholbedarf.     

Leistungsbasierte Verträge

Durch die immaterielle Charakteristik von Dienstleistungen und durch Verträge, die in der Regel auf Leistungsversprechen und weniger auf klar definierten Kriterien beruhen, haben leistungsbasierte Verträge stark an Bedeutung gewonnen. Insbesondere die Top-Performer der Studie setzen bereits für zahlreiche Beschaffungsvorhaben Bonus- und Malus-Regularien ein, um eine fairere Entlöhnung für beide Vertragspartner zu erzielen. Schaut man jedoch auf den gesamten Schweizer Markt, so zeigt sich vielerorts noch ein anderes Bild. Während Malus-Zahlungen von immerhin 33 Prozent der beschaffenden Unternehmen genutzt werden, sind Bonus-Zahlungen nur bei etwa fünf Prozent der Unternehmen zu finden.
Die Top-Performer konnten hier eindrucksvoll verdeutlichen, welche Vorteile sich in der Zusammenarbeit mit dem Dienstleister durch leistungsbasierte Verträge ergeben.

 


Tagung Dienstleistungseinkauf

Um die Ergebnisse der Studie einer breiten Masse zugänglich zu machen, findet am 26. Juni 2018 in Bern die Fachtagung zum Dienstleistungseinkauf statt.

Neben der Vorstellung der Studienergebnisse durch das ISCM-HSG werden die gekürten Top-Performer der Studie ihre Good-Practice Ansätze vorstellen und detaillierte Einblicke in ihre Dienstleistungsbeschaffung geben. Abgerundet wird das Programm durch Vorträge zum Einkauf 4.0 und zu verschiedenen Möglichkeiten, mit komplexen IT-Systemen positiven Einfluss auf die Dienstleistungsbeschaffung von morgen zu nehmen.

Die Anmeldung zur Fachtagung erfolgt über procure.ch und beinhaltet ein Exemplar der Ergebnisse zur Performance Studie.

Mehr Infos unter: www.procure.ch/Fachtagung Dienstleistungseinkauf


 

Dr. des. Martin Hänsel

Autoren

Martin Hänsel
Martin Hänsel ist Wirtschaftsingenieur und promoviert aktuell im Bereich der Dienstleistungsbeschaffung. Zudem begleitet er als Projektmanager am Institut für Supply Chain Management verschiedene Projekte zum Einkauf und zum SC-Management.

Referent Erik Hofmann

Erik Hofmann
Erik Hofmann ist Direktor am Institut für Supply Chain Management sowie Titularprofessor der Universität St.Gallen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Beschaffungsmanagement sowie im Bereich des Supply Chain Finance.

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