Finanztagung 2018: Erfolgsbeitrag des digitalen Einkaufs

Finanztagung 2018: Erfolgsbeitrag des digitalen Einkaufs

Publiziert am Autor: Alwin Locker

Wie kann der Erfolgsbeitrag des Einkaufs im digitalen Zeitalter gestaltet, gesteuert und gemessen werden? Auf diese Frage haben Experten aus Wissenschaft, von Technologieanbietern und aus den Unternehmen Roche Diagnostics und Swisscom an der vierten Finanztagung Antworten gegeben.

Innovative digitale Technologien wie beispielsweise Artifi cal Intelligence, Machine Learning, Big Data, Blockchain verändern die Aufgaben und die Rollen des Einkaufs und folgen dem Gartner Hype Cycle. Den Erfolg des Einkaufs in diesem Veränderungsprozess eindeutig planbar zu machen, ist kaum möglich. Dennoch muss der Werthebel Einkauf im digitalen Zeitalter seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten und messbare Ergebnisse erzielen.

Der Erfolg des digitalen Einkaufs ist daher die Summe aus den Fähigkeiten, Potenziale digitaler Technologien nutzbar zu machen und zusätzlich messbare Ergebnisse zu erzielen.

Technologietrend: Einkauf 4.0

Natalia Broza-Abut vom Institut für Materialfluss und Logistik der Fraunhofer Gesellschaft zeigte den Einfluss der Technologietrends auf den Einkauf. Big Data, Artificial Intelligence, Internet of Things, 3-D-Druck und Blockchain führen zu neuen Geschäftsmodellen und beeinflussen den Einkauf spürbar, sodass sich die bisherigen Rollen des Einkaufs und die Qualifikationsanforderungen an die Einkäufer drastisch verändern werden. Beispiele digitaler Anwendungen im Einkauf sind: vollautomatische Rechnungsbearbeitung, die auch potenzielle Rechnungsfehler identifiziert; mit künstlicher Intelligenz unterstütztes Vertragsmanagement, das Inkonsistenzen und Potenziale zur Standardisierung erkennt; dynamische Preisfindung, die basierend auf künstlicher Intelligenz den aktuell besten Preis vorschlägt; und Smart Contracts mit Einsatz der Blockchaintechnologie, die automatisch Prozesse ausführen, wenn vordefinierte Zustände (Events) stattgefunden haben.

Digitales Einkaufscontrolling

SAP Ariba als Anbieter von Einkaufssoftware stellte die bestehenden Möglichkeiten im Einkaufscontrolling vor. Die grosse Anzahl von Daten lässt ein Einkaufscontrolling ohne den Einsatz von Software
nicht mehr zu, wie Martin Arnold, Senior Director Procurement Solutions SAP Ariba, ausführte. So ist nach jüngster CPO-Studie die Einführung von «Advanced Analytics» ganz oben auf der Agenda. Heute verfügbare Anwendungen digitaler Technologien bei SAP Ariba sind beispielsweise: Ausgabenanalyse mithilfe von Machine Learning und Supplier Risk Management mit Anreicherung interner und externer Daten (Big Data). Die Nutzung grosser Datenmengen ist eine Chance für den Einkauf – wenn die Datenqualität den Anforderungen entspricht. Diese Voraussetzung ist beim Einkaufscontrolling in einem Grosskonzern keine Selbstverständlichkeit, da eine Vielzahl von Systemen und Datenquellen bestehen. Patricia Hurschler, Head Direct Procurement bei Roche Diagnostics, schilderte eindrucksvoll, wie ihr Unternehmen diese Herausforderung meistert. Roche Diagnostics verwendet vier Kategorien von Kennzahlen: Finanzkennzahlen (Spend, Savings, Net Working Capital, Payment Terms, Purchasing Price Variance), Kosten Einkaufsabteilung (Ausgaben, Budget, Headcount), Teamleistung (Savings, Target Costs) und Lieferantenleistung (Einsparungen, Lieferantenperformance). In einem Projekt OPERA (One Procurement Exellence in Reporting & Analytics) führt Roche Diagnostics aktuell einheitliche Kennzahlendefinitionen, Datenquellen, Schnittstellen und Reports ein, um die vorhandenen Daten effektiver zu  nutzen. Trotz aller technologischen Möglichkeiten ist der Mensch weiterhin der zentrale Erfolgsfaktor für gute Entscheidungen. Hat er klare Defini tionen, Ziele und Anreize, können die Technologien aussagekräftige Daten liefern und die Kommunikation effizient gestalten, um die Performance des Einkaufs und der Lieferanten zu steigern.

Dreiklang bei Swisscom

Die Planung und Messung der Ergebnisse von Einkaufsaktivitäten auf die Finanzkennzahlen ist bei Swisscom ein Teamprozess zwischen Business, Einkauf und Controlling. Ralph Morlock, Supply Chain Project Manager, und Stefan Graf, Head of Overall Controlling von Swisscom Schweiz AG, bezeichneten diesen Prozess als «Dreiklang-Finanzziel». Grundgedanke bei diesem Konzept des Einkaufscontrollings ist, dass «eine akzeptierte, realistische Zahl» für Einsparungen bestimmt wird, die sich in Ergebnis- und Cashflowrechnungen wiederfindet. Hierbei werden neben dem Vergleich von alten und neuen Einstandspreisen (Savings) auch Mehrkosten und deren Reduktion (Reduktion Mehrkosten) für die Einkaufsobjekte (OPEX, CAPEX) berücksichtigt. Zur Administration der
Finanzzielmessung hat Swisscom eine Savings-Datenbank aufgebaut, in die das Team die geplanten und realisierten Massnahmen einpflegt.

Erfolgsfaktor Change Management

Die Gestaltung, Steuerung und Messung des Erfolgsbeitrags des digitalen Einkaufs kann zukünftig eine Vielzahl digitaler Lösungen im Einkaufscontrolling nutzen. Das Performance Management mit messbaren Kennzahlen – auch gemeinsam mit den Lieferanten – ist heute überwiegend vorhanden und wird genutzt. Die Verknüpfung mit Big Data, Artificial Intelligence, Machine Learning und Blockchain ist keine Frage des «ob», sondern nur noch des «wann». Eine Volksweisheit besagt «Der frühe Vogel fängt den Wurm» – der digitale Einkauf kann noch grössere «Würmer» fangen, wenn er die Bereitschaft zur Veränderung und zum Change Management mitbringt. Digitale Technologien werden dann operative Prozesse vereinfachen und die Bedeutung des strategischen Einkaufs weiter erhöhen.

Alwin Locker

Alwin Locker

Der Autor ist promovierter Wirtschaftsingenieur. Der Geschäftsführer der SOLTAR AG in Zürich ist auch als Dozent für Einkauf tätig und moderiert die procure.ch-Finanztagung.

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Die Finanztagung 2019 fi ndet am 27. Juni statt.

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