Ethik statt Sweatshops: was Compliance alles beinhaltet
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Die Aufführung «Sweatshop» im Schauspielhaus Zürich befasste sich mit der Produktion und dem Verkauf von Kleidern in der Dritten Welt. Die Probleme wurden aus verschiedenen Seiten beleuchtet. Hoffentlich wird das Stück wieder gespielt, denn es ist Einkäufern, die internationale Lieferanten berücksichtigen, sehr zu empfehlen.
Anlässlich der Aufführung wurde der «Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh» vorgestellt, dieser ist ein für fünf Jahre rechtlich bindendes freiwilliges Abkommen zwischen Einzelhändlern und Gewerkschaften. Die Unternehmen verpflichten sich, ihre Zulieferbetriebe von unabhängigen Spezialisten überprüfen zu lassen und dafür zu sorgen, dass notwendige Sicherheitsmassnahmen umsetzt werden.
Haftung und Datenschutz
Für Compliance sind nicht nur die Gesetze wichtig, sondern auch Richtlinien, die die Unternehmer freiwillig befolgen, zum Beispiel ISO- und andere Zertifizierungen. Auch Umweltmanagement und Tierschutz ist dabei zu berücksichtigen. Es ist im Prinzip Sache der Geschäftsleitung, Compliancerichtlinien zu gestalten und die Mitarbeitenden darüber zu informieren. Spezifische Regeln für den Einkauf können zusätzlich von der Leitung der Einkaufsabteilung entwickelt werden. Wichtig ist, Compliance-Bestimmungen in Allgemeine Geschäftsbedingungen und sonstige Verträge mit Lieferanten einzufügen. Werden Produkte weiterverkauft, ist Folgendes zu beachten: Als Hersteller eines Produktes gelten laut Produktehaftpflichtgesetz (PrHG) und dem Gesetz über die Produktesicherheit (PrSG) auch Firmen, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringen oder einen ausländischen Hersteller vertreten. Nach PrHG ist sogar jede Person, die ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung oder einer andern Form des Vertriebs im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit einführt, haftbar.
Gegenüber den Lieferanten müssen auch die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. In der EU ist die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft getreten und beim Einkauf in den EU-Ländern zu berücksichtigen.
Lieferanten sorgfältig auswählen
Ein Indiz dafür, dass ein Unternehmen fairen Handel betreibt, kann ein Fairtrade-Zertifikat sein, aber das ist nicht das einzige Kriterium. Zumindest sind dabei das Zertifikat und die Organisation, die es erteilt, zu überprüfen. Ein Beispiel ist die neue ISONorm 45001:2018 «Managementsysteme für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung». Sie dient zur Einführung straffer und effizienter Prozesse zur Verbesserung der Arbeitssicherheit in globalen Versorgungsketten.
Ein weiterer Grund, die Lieferanten sorgfältig auszuwählen und ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen, sind das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) und das ergänzende Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF). Diese Gesetze regeln die Überwachung von Personen, gegen die ein dringender Verdacht auf Begehung einer schweren Straftat besteht. Diese Regelungen gehen weit, beispielsweise ist auch eine Kontrolle von E-Mails möglich. So können auch unbescholtene Personen oder Unternehmen ins Visier der staatlichen Überwachung geraten, wenn sie Kontakt zu Verdachtspersonen haben.
Bestechung verhindern
Bestechung von Vertretern von Behörden sowie in- und ausländischen Amtsträgern ist nach Strafrecht (Art. 322 ter bis octies) verboten. Gestattet ist nach StGB 322 octies, einem Beamten dienstrechtlich erlaubte sowie geringfügige, sozial übliche Vorteile zukommen zu lassen.
Seit 2015 sind die Bestechung von Privatpersonen, beziehungsweise das Sichbestechenlassen, Straftatbestände (StGB Art. 322 novies). Wer einem Arbeitnehmer, einem Gesellschafter, einem Beauftragten oder einer anderen Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor im Zusammenhang mit dessen dienstlicher oder geschäftlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zugunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Dasselbe gilt, wenn sich Angestellte, Gesellschafter oder Beauftragte von einer Privatperson bestechen lassen. In leichten Fällen wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.
Weiter gilt solches Verhalten als unlauterer Wettbewerb (UWG Art. 4a). StGB Art. 322 decies bestimmt, was keine nicht gebührenden Vorteile sind, nämlich dienstrechtlich erlaubte oder vertraglich vom Dritten genehmigte Vorteile sowie geringfügige, sozial übliche Vorteile.
Regula Heinzelmann
Die Juristin, Wirtschaftsjournalistin und Buchautorin mit Schwerpunkt auf wirtschaftlichen und juristischen Themen lebt abwechslungsweise in Zürich und Berlin.