Entlastung des operativen Einkaufs
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Nach vielen Jahrzehnten seit der Einführung von Computern und nach über 25 Jahren der breiten Nutzung des Internets stellt sich die Frage, warum die Automatisierung, die bereits in so vielen Bereichen des geschäftlichen und privaten Lebens Einzug gehalten hat, den operativen Einkauf und viele nachgelagerte Prozessketten noch nicht erreichen konnte.
Eine wichtige Voraussetzung, damit die manuellen Prozesse im Einkauf hochgradig automatisiert ablaufen können, ist eine nahtlose und fehlerfreie elektronische Anbindung der Lieferanten. Sonst gibt es keinen zuverlässigen digitalen Austausch von Daten und Dokumenten und somit keine Grundlage für die Digitalisierung und damit Automatisierung der operativen Tätigkeiten.
Darüber hinaus müssen Automatisierungslösungen mit der Komplexität der geschäftsübergreifenden Kommunikation, also der Dokumente, die zwischen Lieferanten und dem Einkauf ausgetauscht werden, zurechtkommen.
Die Realität ist aber sehr kompliziert, denn obwohl bereits viele Unternehmen für den geschäftsübergreifenden Austausch elektronisch erzeugte und PDF-Dokumente benutzen, gibt es noch grosse Herausforderungen für einen wirklich problemlosen Datenaustausch.
Herausforderungen sind die Vielfalt unterschiedlicher Formate und Darstellungsformen, die Bedeutung von teilweise unstrukturierten Inhalten (Texten) in den ausgetauschten Dokumenten und fehlende beziehungsweise sogar unmöglich erreichbare Standards für die traditionell eingesetzten Systeme. Daher ist auch heute noch für die Bewältigung dieser Aufgaben weitgehend menschliche Intelligenz erforderlich, die in mühevoller Arbeit die Dokumente inhaltlich prüft und die entsprechenden Daten dann in die nachgelagerten Systeme eingibt.
Zeitersparnis beim Abgleich
Wie viel Zeit verbringen Sie damit, Lieferantendokumente wie Auftragsbestätigungen oder auch Rechnungen zu empfangen, zu validieren und mit Ihrer Bestellung abzugleichen? Die Mehrzahl dieser Dokumente – bei den meisten Unternehmen etwa 60 bis 80 Prozent – stimmen mit der jeweiligen Bestellung überein. Die für diese Aktivitäten eingesetzte Zeit kann also mittels Unterstützung durch intelligente Systeme weitestgehend eingespart werden.
Dank automatisierter Prozesse werden Abweichungen vom System umgehend erkannt – und die «Schnittstelle Mensch» erhält die Aufforderung zu reagieren.
Automatisierung und KI unterstützen.
Der geschäftsübergreifende Teil des operativen Einkaufs beinhaltet die meisten Tätigkeiten, die heute noch manuell erfolgen.
Er lässt sich im Wesentlichen in drei Teilschritte zerlegen: Im ersten Schritt erfolgt der Empfang der Lieferantenbelege, die heute in der Regel als PDF-Anhang eines E-Mails zugestellt werden. Nach dem Öffnen der E-Mail und der PDF-Datei erfolgt der zweite Schritt, indem der Inhalt der PDF-Datei mit der Bestellung verglichen wird. Beim Vergleich ist eine hohe Genauigkeit gefragt, um Auslesefehler zu vermeiden. Im letzten Schritt erfolgt die Erfassung im ERP-System oder – sofern die empfangenen Dokumente nicht mit der Bestellung übereinstimmen – die Rückmeldung an den Lieferanten.
Hier kann man mit KI grosse Automatisierungsvorteile erzielen. Dies, indem eingehende Dokumente an eine zentrale E-Mail-Adresse gesendet werden. Diese Adresse wird dann automatisch an die E-Procurement-Plattform weitergeleitet, mittels KI ausgelesen und mit der Bestellung verglichen.
KI ist nicht gleich OCR
Beim klassischen Scannen werden die Dokumente optisch und grafisch erfasst und angelernt, an welcher Position die benötigten Informationen aufgedruckt sind.
Die KI hingegen erfasst Dokumente inhaltlich. Somit können die Werte selbst dann ausgelesen werden, wenn sich die Formatierung ändert. Ebenso kann die KI beliebige Inhalte identifizieren, die für die Prüfung notwendig sind. Sollen weitere Daten wie Abmessungen, Ursprungsdeklarationen oder Zeichnungsnummern ebenfalls erfasst werden, kann die KI dies leisten – sogar lieferantenspezifisch.
Des Weiteren erkennt die KI die Korrelation von unterschiedlich beschriebenen, aber grundsätzlich übereinstimmenden Inhalten. So kann die Bestellung eine Position über 2000 Kilogramm Kunststoffgranulat enthalten, der Lieferant bestätigt die Menge in Form von vier Paletten zu je 500 Kilogramm.
Intuitive Plattformen
Eine E-Procurement-Plattform muss zukunftsfähig und ausbaubar sein. Moderne, Cloud-basierte Lösungen mit intuitiven User-Cockpits für die Analyse, den Abgleich und die Steuerung der Weiterverarbeitung von Dokumenten mit Abweichungen, wenn es um Regeln, Workflows oder auch Toleranzen geht, bieten ein hohes Mass an Flexibilität. Nebst der Verarbeitung von PDF-Dateien bieten leistungsfähige Lösungen die Möglichkeit, Lieferanten über alle gängigen Kanäle und Formate anzubinden, ohne dass auf der Empfängerseite unterschiedliche Schnittstellen oder Anwendungen notwendig sind.
Zu guter Letzt sollten Systeme alle gängigen Dokumentarten im P2P-Prozess verarbeiten können, um somit sämtliche operativen Prozesse abzudecken. Dazu gehören Anfragen, Angebote, Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Lieferdokumente, Rechnungen, Gutschriften sowie sonstige Dokumente wie Zeichnungen oder Zertifikate.
Kurze Projektlaufzeiten
Kurze Projektlaufzeiten helfen nicht nur dem Einkauf, schnell auf eine hohe Automatisierungsquote zu kommen, sondern sind auch unerlässlich, um Investitionen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Entsprechende Lösungen setzen daher auf konfigurierbare Standardbausteine und auf SaaS-Technologien, die den Implementierungsaufwand erheblich reduzieren. Die KI sorgt für eine schnelle und vor allem unkomplizierte Anbindung von Lieferanten. Das heisst, bis auf die gegebenenfalls neue E-Mail-Adresse muss der Lieferant keine Anpassungen an seiner Infrastruktur vornehmen.
Höchste Automatisierungsgrade werden in kürzester Zeit realisiert, sodass der Return on Investment bereits innerhalb des ersten Jahres erreicht wird.
Viele Vorteile für den Einkauf
Die Vorteile für den Einkauf sind offensichtlich: Mehr Zeit für strategische Tätigkeiten, das Alltagsgeschäft wird abwechslungsreicher, eine deutliche Verbesserung der Prozessqualität und Geschwindigkeit, Nachhaltigkeit und Kostenoptimierung, eine höhere Attraktivität des Einkaufs – vor allem auch für jüngere Nachwuchskräfte.
Benny Hofstetter
Benny Hofstetter ist Sales Executive Switzerland bei der Unifiedpost AG. Er hat 2022 den Lehrgang «Certified Digital Procurement Manager» bei procure.ch erfolgreich absolviert.