Ein Stück vom Kuchen: Marktchancen in Osteuropa nutzen
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Spätestens seit der starke Schweizer Franken bei produzierenden Unternehmen für erhebliche Nachteile im Export sorgt, fragen sich viele Unternehmen, wie diese Exportnachteile durch verstärkte (Out-)Sourcing-Massnahmen in Billiglohnländern kompensiert werden können.
Hinzu kommt, dass die meisten Schweizer KMU der hiesigen MEM-Industrie vor allem in die EU exportieren und dort mit dem starken Schweizer Franken unter enormen Preisdruck geraten.
Bleibt also die Frage offen, wie genau sich Einsparpotenziale im Einkauf durch Sourcing an Billigstandorten – insbesondere im osteuropäischen EU-Raum – erschliessen lassen. Auf den ersten Blick ist die Antwort klar; die Osteuropa-Strategie im Sourcing scheint erfolgversprechend:
- Einsparpotenziale von mehr als 25 Prozent bestehen bei einer Vielzahl von Materialgruppen und Zukaufteilen.
- Der Lohnindex vieler osteuropäischer Länder liegt lediglich bei 10 bis 15 Prozent des Schweizer Niveaus.
- Gerade osteuropäische EU-Länder haben sich in den letzten Jahren enorm entwickelt: Technologie, Infrastruktur, Qualifikation, Lieferzeit und Produktqualität erfüllen zunehmend Schweizer KMU-Anforderungen.
Schaut man jedoch näher hin und untersucht die Erfolgsbedingungen im Osteuropa-Sourcing genauer, so zeigt sich: Für KMU bestehen nicht unerhebliche Risiken in Osteuropa beziehungsweise in Low-Cost-Countries (LCC) .
Hürden in der täglichen Praxis
Viele Schweizer KMU haben im LCC-Sourcing die geplanten Einsparungen noch nicht realisieren können. Im Gegenteil: Qualitätsprobleme und die fehlende Einhaltung von Lieferterminen bei den LCC-Partnern – um nur einige Faktoren zu nennen – haben zu nennenswerten Verlusten auf Auftraggeberseite beigetragen. Auch eine umsichtige Vorgehensweise – etwa nach der Devise «zunächst einmal erste Erfahrungen mit Pilotprojekten in LCC zu sammeln und erst danach ein umfassendes Sourcing oder gar Outsourcing betreiben» – schützt vor den erwähnten Problemen nicht.
Zu viele Fragen stellen sich in diesem Prozess: es gilt unter anderem zu klären, welche Produktionsbedingungen in welchen Regionen zu erwarten sind. Auch ist zu analysieren, ob und wie Lieferanten aus Billiglohnländern zu verlässlichen Produktionspartnern entwickelt werden können.
Stellt man sich diesen Fragen konsequent, gelangt man an den Punkt, an dem sich der Vergleich von Sourcing- und Outsourcing-Effekten mit Effekten aus Massnahmen zur Effizienzsteigerung am Standort Schweiz aufdrängt. Dies auch, weil eine wachsende Anzahl Schweizer KMU erfolgreich Kosteneinsparungen am eigenen Standort vorantreiben, verbunden mit gezielter Prozessoptimierung und intelligenten Automatisierungskonzepten. Andere wiederum realisieren ähnliche Vorteile mit Sourcing-Massnahmen in Billiglohnländern.
Erfolgreiche Lösungswege
Diese Erfahrungen zeigen: Der richtige Massnahmenmix ist entscheidend. Im Kern stellt sich also vor jeder (Out-)Sourcing-Entscheidung die Frage, wie die Einsparmöglichkeiten des Sourcings und Outsourcings in Billiglohnländern systematisch bewertet, erschlossen und gesichert werden können. Das dabei von Experten empfohlene Vorgehen orientiert sich konsequent an fünf Schritten:
- Zunächst sind Produktgruppen mit nennenswerten manuellen Produktions- oder Montageanteilen zu evaluieren.
- In einem zweiten Schritt erfolgt eine benchmarkgestützte Bewertung der zur Herstellung dieser Produktgruppen erforderlichen Produktions-, Montage- und Logistikprozesse in Bezug auf Auslastung, Durchlaufzeiten, Produktivität und last but not least: in Bezug auf den Preis beziehungsweise das Einsparpotenzial.
- Die dazu erforderliche Technologie, inklusive möglicher Alternativen bezüglich Maschineneinsatz und Automatisierung, muss zudem bewertet werden.
- Der Produkt-Cluster kann somit benchmarkgestützt hinsichtlich Eigenfertigung oder Fremdbezug im billigen Ausland auf TCO-Basis (Total Cost of Ownership) bewertet werden.
- In einem letzten Schritt sind passende Konzepte zu entwickeln, inklusive einer Nutzwert-Analyse und zur Umsetzung der bewerteten Massnahmen.
Wenn nach diesem Vorgehen bewertet wird, werden mögliche Risiken rechtzeitig erkannt und Probleme gezielt beseitigt. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Unterstützung von externen Experten unerlässlich. Dasselbe gilt, wenn LCC-Lieferanten/Produktionspartner zeitsparend und risikominimierend gefunden werden sollen. Ebenso ist die externe Unterstützung bei Joint-Ventures, Beteiligungen und Zukäufen von osteuropäischen Firmen unerlässlich.
Solche M&A-Transaktionen (Unternehmenskäufe/-beteiligungen) nehmen aktuell in Osteuropa stark zu. Eine wichtige Ursache, neben Währungsvorteilen, flexiblen Produktionsbedingungen und hohen Einsparungen sind nicht rückzahlbare Investitionszuschüsse und Finanzierungsvorteile in Osteuropa. Diese Subventionen in Höhe von 60 bis 70 Prozent des Investvolumens für Maschinen und Technik sind in allen osteuropäischen Ländern Standard.
M&A-Transaktionen und Zukäufe
Die spezifischen «LCC-Hürden» bei solchen M&A-Prozessen beginnen meist schon bei der Suche nach passenden Osteuropa-Adressen und bei der Frage nach dem angemessenen Kaufpreis dieser Firmen.
Externe Experten wissen, wo die passenden Firmen zu finden sind und kennen die länderspezifischen Unterschiede aus der M&A-Praxis. Insbesondere in der Bilanzierung und Bewertung von Unternehmen gibt es erhebliche länderspezifische Unterschiede zu beachten.
Ob mit oder ohne Unterstützung durch externe Experten: Osteuropa beinhaltet für die Produktion und Supply-Chain von Schweizer Unternehmen enorme Chancen. Neben der flexiblen Sicherung von zusätzlichen Produktions-Kapazitäten winken in erster Linie die hohen Einsparungen von über 25 Prozent und die sehr guten Zuschussquoten von mehr als 50 Prozent.
Das Seminar zum Thema:
Am 08. März 2018 findet in Zürich ein Seminar zum Thema «Kosten senken und Exportnachteile des starken Schweizer Franken kompensieren durch Aufbau und Zukauf von Lieferanten in Osteuropa» statt. Diese Veranstaltung führen wir in Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner MCG Consulting Group durch.
Mehr Infos unter: www.procure.ch/Marktchancen in Osteuropa
Andreas Wälti
Der geschäftsführende Gesellschafter des in Baar und Stuttgart ansässigen Beratungsunternehmens MCG Consulting Group ist seit über 30 Jahren international in den Bereichen Corporate Finance und M&A tätig. MCG ist spezialisiert auf Fragen des Supply-Chain-Managements und des Aufbaus von LCC-Standorten.