Die Schweiz ist noch immer keine Insel

Die Schweiz ist noch immer keine Insel

Publiziert am Autor: Claudia Feusi

Die Schweiz nimmt in der globalen Wirtschaft einen Spitzenplatz ein. Zum Erfolgsrezept gehören die ­Internationalität und ein konstruktiver Umgang mit Handelspartnern. Was international tätige Führungspersönlichkeiten und Einkäufer über Rahmenbedingungen, Abkommen und Strategien wissen müssen.


Neues Seminar
Wer mehr wissen will, dem empfehlen wir unser neues Seminar «die Schweiz im Welthandel» vom 4. September 2019 in Kloten (ZH). In diesem Seminar werden die aufgeführten Themen für Führungspersonen transparent gemacht. Das Angebot kann auch als Inhouse-Training gebucht werden.

Anmeldung


Für ein kleines, rohstoffarmes Land wie die Schweiz ist die Internationalisierung unerlässlich, um das Wohlstandsniveau zu erhalten. Mit der schweizerischen Aussenhandelspolitik werden Exporteure und Importeure unter anderem durch den Abschluss von Freihandelsabkommen sowie dem Engagement in zahlreichen internationalen Organisationen, beispielsweise durch die Mitgliedschaft in der WTO und EFTA, zielgerichtet unterstützt.

Die Schweiz verfügt bei verschiedenen internationalen Organisationen wie UNO, WTO, EFTA, OECD, OSZE, UNESCO, NATO und Europarat über eine ständige Vertretung, eine so genannte Mission, oder über eine ständige Delegation. Zudem beherbergt die Schweiz zahlreiche internationale Organisationen (aktuell 25, davon 22 in Genf) und Konferenzen. Ebenso nehmen wir Einsitz in politischen Gremien in internationalen Organisationen, beispielsweise gegenwärtig unter anderem in der UNICTRAL (Kommission der UNO für internationales Handelsrecht). Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) führt zudem Kampagnen, um Schweizerinnen und Schweizer in Kaderpositionen zu portieren. Solche Kaderpositionen sind eindrucksvoll auszugsweise auf der Internetseite des EDA, das die Interessen der Schweiz in internationalen Organisationen fördert, aufgelistet.

Wir sind somit in ein Netz von soliden internationalen Rahmenbedingungen eingebunden, das uns aus Sicht des ­Importeurs und Exporteurs verbesserten Marktzugang ermöglicht – sei es durch konkrete Zollersparnisse oder den Zugang im öffentlichen Beschaffungswesen. 

Handelskriege und Compliance

Nachdem am heutigen Stichtag der Berichterstellung Trumps drastische Zollerhöhungen für chinesische Importe in den USA in Kraft treten und Chinas Reaktionen garantiert folgen werden, zeigen sich im Welthandel mittlerweile deutliche Bremsspuren. Diese Machtkämpfe, aber auch Brexit (siehe Merkblatt für den Warenverkehr auf procure.ch) zeigen uns auf, wie wir zwischen Protektionismus und Liberalisierung hin- und herschwanken. Daher gehören Themen wie Zoll, Freihandelsabkommen und Exportkontrolle von Dual-Use-Gütern heutzutage zwingend auf die Agenda der unternehmerischen Compliance, genauso wie der Aufbau ­von Wissen durch entsprechende Personalentwicklungsmassnahmen. Nur dadurch kann die rechtzeitige Reaktion auf Umwelteinflüsse sichergestellt werden. 

Bedeutung für die Schweiz 

Die World Trade Organisation (Welthandelsorganisation, WTO, mit Sitz in Genf) ist eine zentrale Organis­a­tion, die mit globaler Reichweite die Handels- und Wirtschaftspolitik verhandelt und die Spielregeln von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen unter den aktuell 164 Mitgliedsstaaten festlegt. Mit den Verhandlungen sollen Handelshemmnisse abgebaut und der Handelsaustausch vereinfacht werden. Durch WTO-Prinzipien wie Nichtdiskriminierung, Meistbegünstigung und der Rezipro­zi­täts­­klausel sind ein gleichberechtigtes, kooperatives Verhalten wie auch Transparenz der Handelsbeziehungen sichergestellt. Zudem werden mittels Streitschlichtungsbehörde Handelsstreitigkeiten beigelegt. Ins­be­son­dere kleinere und mittlere Volkswirtschaften profitieren von dem Regelwerk. Die Schweiz spricht sich daher deutlich für die Stärkung dieses Handelssystems aus.

Durch den Abbau von Handelsbarrieren profitieren Schweizer Unternehmen von einem verbesserten Marktzugang. Dabei sind weitere Markt­öffnungen für die Schweiz essenziell. Der Streitschlichter der Weltwirtschaft steht jedoch stark unter Beschuss. Die WTO droht im Handels­konflikt zwischen den USA und dem Rest der Welt Schaden zu nehmen.

Die Situation ist ernst. Es droht sogar die Beschlussunfähigkeit des Streitschlichtungsgremiums. Auslöser sind auch hier die USA mit deren Bedenken bezüglich des Ernennungsverfahrens von Mitgliedern des Berufungsgremiums, deren Amtszeiten sich dem Ende zuneigen. 

Bedeutung der Abkommen

Freihandelsabkommen (FHA) erfüllen zwei wichtige Ziele. Sie erleichtern den Zugang zu wichtigen Absatz- und Beschaffungsmärkten durch den Abbau von Handelshemmnissen. Zudem ermöglichen sie die Verminderung oder Beseitigung möglicher Diskriminierungen. Das dichte Netz von FHA der Schweiz wird bilateral und im Rahmen der EFTA abgeschlossen. Dabei bietet die EFTA für die Schweiz bisher den idealen Rahmen für den Abschluss solcher Abkommen. Wir ­sichern uns mit raschen Abschlüssen von FHA auch einen wesentlichen Vorsprung im Weltmarkt gegenüber unserem starken Mitbewerber und Nachbar, der EU. 

Bis anhin bezeichnete ich die Schweiz daher gerne als Weltmeister im Abschluss von Freihandelsabkommen. Diese Position ist jedoch bedroht. So hat beispielsweise die EU erst kürzlich mit Japan ein viel moderneres Abkommen (JETA) abgeschlossen. Zudem verhandelt die EU gleichzeitig wie wir unter anderem mit den wirtschaftlich bedeutenden Mercosur­-Staaten Argentinien, Paraguay und Uruguay, und dies sehr zügig. Der Mercosur ist die fünftwichtigste Wirtschaftsregion der Welt. Würde die EU vor uns ein Abkommen abschliessen, würden wir klar ins Hintertreffen­ geraten. Dasselbe gilt für Länder­ wie Viet­nam und Mexiko. Auf der ­Streitbank steht die schweizerische Marktöffnung im Agrarbereich.

Die Inhalte der Freihandelsabkommen bieten international tätigen Unternehmen erhebliche und direkte Einsparmöglichkeiten: Zölle können weltweit zwischen 0% bis hin zu 80% vom Warenwert ausmachen. Werden Produkte im Rahmen von Freihandelszonen geliefert, können in der Schweiz direkt vom Unternehmen beim Waren­import eine Zollbegünstigung beantragt werden. Dies ist besonders wichtig im Export: Mit ­einem gezielten, unternehmerischen Ursprungs-Mana­­ge­ment-­System kann der Kaufpreis für den Kunden massiv gesenkt werden. Davon profitieren vor allem KMU.


Fachtagung

An der Fachtagung «Import/Export/Good Practice Aussenhandel» vom 19. September 2019 in Aarau informieren Aussenhandels-Experten über die wichtigsten Neuerungen im Bereich der Incoterms 2020 und zeigen auf, wie typische Fehler im Import- und Exportbereich vermieden werden können und wie mit risikobehafteten und unsicheren Rechtsgebieten umzugehen ist. Für alle, die regelmässig importieren, exportieren oder neue Märkte erschliessen möchten. Ein Pflichtanlass.

Anmeldung


 

Referentin Claudia Feusi

Claudia Feusi

Die Autorin ist ausgewiesene Aussenhandelsexpertin sowie Geschäftsführerin von «zollschule.ch«, einer Zoll- und Aussenhandelsberatung für Schweizer Unternehmen.