Die Pandemie bremst auch die Industrie
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Der Ausblick 2021 für die amerikanische Industrie sei gut, das «robuste Momentum» übertrage sich ins neue Jahr, erklären die Ökonomen von Oxford Economics in einer Analyse vom Montag. Zwar sei der ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie im Januar ein wenig gefallen, um 1,8 Punkte auf 58,7. Damit befinde er sich aber weiterhin «klar im Expansionsterritorium» und nahe beim Höchst der gegenwärtigen Wirtschaftserholung. Die Grenze, die Wachsen von Schrumpfen trennt, liegt bei 50.
«Ein Coronabezug lässt sich nicht herstellen», kommentieren dieVolkswirte von DekaBank – der leichte Rückgang des ISM-Index sei nicht auf Schutzmassnahmen gegen die Pandemie zurückzuführen. «Die auszugsweise vorliegenden Unternehmensantworten deuten vielmehr eine abnehmende Bedeutung der Corona-Entwicklung für die Unternehmen an.» Angesichts der weiterhin hohen Indexwerte für die US-Industrie ist dies gemäss DekaBank «am ehesten eine leichte Stimmungsnormalisierung».
Schlechtes Omen für Börse
Die Pandemie trifft zwar vor allem den Dienstleistungssektor, aber schadlos ist
sie auch für die Industrie weiterhin nicht. Probleme mit Lieferketten und der Logistik
hätten bei den US-Industriebetrieben die Beschaffungskosten erhöht, die Lagerhaltung erschwert und den Absatz beeinträchtigt, schreibt Oxford Economics. Die Zahl der Beschäftigten habe zugenommen, doch die Unternehmen hätten
Schwierigkeiten, weil Arbeitskräfte ausfallen würden und weil es schwierig sei, bei
Bedarf neue Angestellte zu rekrutieren.
Kein gutes Omen, und zwar für die Börse, sei die Zunahme der Beschaffungskosten und der Kollaps der Kundenbestellungen, warnt BCA Research. Bei dieser Konstellation sei der Aktienmarkt erfahrungsgemäss anfällig für eine Korrektur. Auf etwas längere Sicht seien die Bedingungen für die Industrie aber günstig.
Für die Gesamtwirtschaft signalisiere der ISM-Einkaufsmanagerindex ein US-Wachstum von 4,4% (annualisiert), führt DekaBank aus. Bei der Abhängigkeit der
Volkswirtschaft vom verarbeitenden Gewerbe ist zu beachten, dass nur eine tiefe
Industrierezession wie im letzten Frühling dazu führt, dass das Bruttoinlandprodukt
(BIP) schrumpft.
«Zurück in der Rezession» ist hingegen die Eurozone, wie die Ökonomen der Commerzbank am Dienstag festhalten. Das BIP sank im vierten Quartal gegenüber dem dritten um 0,7%, und im ersten Quartal werde das Minus wohl noch etwas stärker ausfallen. «Einen Einbruch wie im ersten Halbjahr 2020 wird es aber nicht geben», prognostiziert die CoBa. Vielmehr «dürfte ab dem Frühjahr wieder eine spürbare Erholung einsetzen».
Einen Aufschwung signalisiert auch der Industrie-PMI des Euroraums, er stieg im
Januar um 0,4 Punkte auf 54,8. «Die Industrieproduktion wurde im Januar kräftig ausgeweitet, allerdings mit der niedrigsten Rate seit Beginn des Aufschwungs», erklärt ChrisWilliamson, Chefökonom bei IHS Markit, die die PMI erhebt.
Neue Beschränkungen durch den Lockdown und Lieferengpässe machten
Unternehmen in der gesamten Region zu schaffen. Die Lieferverzögerungen seien
sogar – bis auf den globalen Lockdown vor einem Jahr – so gross wie nie zuvor seit Beginn der Umfrage vor über zwanzig Jahren.
Wenn das verarbeitende Gewerbe in den USA und der Eurozone zwar deutlich
wächst, aber von der Pandemie zurückgehalten wird, dann schlägt sich das auch im
weltweiten PMI nieder. «Der globale Industrieaufschwung wird langsamer, weil
die Bedrängnis in den Lieferketten weiter zunimmt», resümiert JPMorgan, die diesen
PMI kalkuliert.
Starker Aufschwung in Asien
JPM-Ökonomin Olya Borichevska erklärt, der Teilindex für den Absatz sei so stark
gefallen wie zuletzt im April. Ermutigend sei aber, dass der Beschäftigungs-PMI gestiegen sei. «Die Unternehmen bleiben für das neue Jahr vorsichtig optimistisch.»
In China läuft die Erholung nun ebenfalls etwas langsamer. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fiel 0,6 Punkte auf 51,3. In diesem Index sind grosse Staatskonzerne höher gewichtet als im PMI des chinesischen Medienkonzerns Caixin, der um 1,5 Punkte auf 51,5 gesunken ist. Das sei die schwächste Verbesserung seit dem vergangenen Juni, lässt Caixin verlauten.
Trotz der Verlangsamung in China ist der Aufschwung der Industrie in Taiwan,
Südkorea, Indonesien und Indien weiter kräftig. Die Nachfrage aus Asien trägt dazu
bei, dass die Produktion und der Auftragsbestand der Schweizer Exporteure zunehmen.
Quelle: Finanz und Wirtschaft vom 3. Februar 2021