Die Banken haben keine Chance

Die Banken haben keine Chance

Publiziert am Autor: Roland Wirth

In der Kolumne vom Februar 2019 wagte es Roland Wirth, den Niedergang der Banken vorauszusagen. Facebook lanciert kommendes Jahr die eigene Währung «Libra». Erfahren Sie, wie unser Kolumnist die neusten Entwicklungen einschätzt.

In der Kolumne vom Februar 2019 habe ich etwas gewagt den Niedergang der Banken vorausgesagt. Die neuesten Entwicklungen stützen mich: Facebook lanciert die eigene Währung «Libra». Die bei­den weltweit grössten Onlinehänd­­ler Alibaba und Amazon haben bereits eine eigene Währung. Dieses neuartige Geld wird ein absoluter «Game-­Changer». Die Finanz- und Wirtschaftswelt wird bald nicht mehr wiederzuerkennen sein. 

Das Facebook-Konzept ist wohlüberlegt, denn die Libra ist ein sogenannter Stable-­Coin. Dies bedeutet, dass jede ausgege­bene Libra mit «soliden» Devisen wie Dollar, Euro oder Franken hinterlegt ist. Die immensen liquiden Mittel des Konzerns dienen also der Währung als Sicherheit. Es existiert jederzeit die Möglichkeit, eine Libra 1:1 gegen traditionelle Währungen umzutauschen. Die Menge an Libras entsteht damit nicht aus dem Nichts (wie bei traditionellem Geld oder Nicht-Stable-­Kryptowährungen wie dem Bitcoin), sondern hängt von der Menge des bei Facebook vorhandenen Geldes ab. Damit ­verzichtet Facebook auf mögliche Geldschöpfungsgewinne, stärkt aber die Glaubwürdigkeit der Libra. 

Worin liegt der Nutzen einer solchen Währung? Fast zwei Milliarden Menschen haben keine Bankverbindung, sind jedoch online. Sie sind Nutzer von Instagram, Whatsapp oder Messenger und damit Kunden des Konzerns. Für diese Menschen wird es möglich, am Finanzsystem teilzuhaben. Mit dem nun verfügbaren breit akzeptierten Zahlungsmittel entstehen wirtschaftliche Anreize. Damit kommen auch in abgelegenen Weltgegenden Kreisläufe in Gang, was die Armut wirksamer bekämpft als jede Entwicklungshilfe. 

Bei uns wird sich im Zahlungsverkehr nicht viel ändern. Ganz anders jedoch im Kreditgeschäft. Es wird radikal vereinfacht. Die Bank prüft detaillierte Kreditanträge, da sie bloss sehr ungenaue Informationen über den Kunden und seinen finanziellen Hintergrund hat. Trotz genauer Prüfung bleiben Informationslücken, die Bank muss Risikoaufschläge beim Zins verrechnen. Dank der individuellen Datenspur, die wir im Netz hinterlassen, wissen die Onlinekonzerne genauer als wir selbst, wie kreditwürdig wir sind. Aus Kauf- und Zahlungsverhalten, Suchanfragen, Standorten, Freundeskreis, Kommunikation, Interessen, Job usw. kann ein sehr genaues Profil der Person oder der Firma erstellt werden. Fehlende Daten werden einfach zugekauft. Damit reicht künftig eine Onlineanfrage, und schon wird ein ans individuelle Risiko angepasster Zins ausgespuckt. Die Banken haben da kosten- und prozessmässig keine Chance. 

Roland Wirth

Roland Wirth

Der promovierte Volkswirtschaftler kennt die Bildungswelt aus unterschiedlichen Funktionen und ist als Dozent für Volkswirtschaftslehre am Puls der Wirtschafts­politik. Er ist Geschäftsführer und Rektor der Kaderschule Zürich, welche die Anbieterin des PWA-Wirtschaftsprogramms und der Lernplattform elob ist.