Der Spitaleinkauf als Wertschöpfungspartner

Der Spitaleinkauf als Wertschöpfungspartner

Publiziert am Autor: Martin Gut

Wenn Anbieter und Abnehmer auf ein gemeinsames Ziel fokussieren, resultiert daraus sowohl eine ordentliche als auch eine wirtschaftlich optimale Gesundheitsversorgung der Patienten.

Gesundheitsleistungen, die im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vergütet werden, müssen immer wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. So ist es naheliegend, die Medizintechnik-Anbieter in diese Herausforderungen einzubinden und sie anhand der erwirtschafteten Erträge (im Verhältnis) zu vergüten.

Nehmen wir es gleich vorneweg: Die Funktionsinhalte von Verkäufer und Einkäufer sind grundsätzlich entgegengesetzt. Die Ziele und das Verständnis von einem «guten Geschäft» sind gegensätzlich und zu guter Letzt misst sich die Aufgabenerfüllung am ambitionierten Umsatzziel, das der Verkäufer erreichen soll bzw. an der Einhaltung oder Unterschreitung des schon knapp bemessenen Budgets für den Einkäufer. 
Doch sollten Anbieter und Abnehmer nicht auch ein gemeinsames Ziel verfolgen? Sind Verkäufer und Einkäufer nicht beide fokussiert auf eine ordentliche und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung der Patienten? 

Der Zielerreichung in der Patientenversorgung liegen gesetzlich verankerte Prämissen zugrunde. 

Drei Prämissen

«Wirksamkeit», «Zweckmässigkeit» und «Wirtschaftlichkeit» – auf diesen drei massgebenden Kriterien fusst das schweizerische Krankenversicherungsgesetz. 

Als Erstes geht es immer darum, die Wirksamkeit der Massnahme zu prüfen. Danach erfolgt die Untersuchung der Zweckmässigkeit anhand verschiedener Behandlungsmethoden. Als Letztes steht die Wirtschaft­lichkeit auf dem Prüfstand.

Sind Wirk­samkeit und Zweckmässigkeit erfüllt, so ist eine Leistung wirtschaftlich, wenn kein erhebliches Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen besteht. Merke: Eine unnötige oder unzweckmässige Behandlung kann nie wirtschaftlich sein.

Daneben stellt sich im Alltag des Gesundheitswesens natürlich immer wieder die Frage nach der Ethik. Da ein Grossteil der Patientenversorgung aus öffentlichen Geldern finanziert ist, kann es wohl gar nicht so unethisch sein, diese Mittel mit hoher Sorgfalt einzusetzen und das Geforderte auf dem wirtschaftlichsten Weg zu beschaffen.

Zum Wertschöpfungsmanager werden

Der Verkäufer wie der Einkäufer mutieren zum Wertschöpfungsmanager. Denn nur wenn es dem Kunden gut geht, kann es dem Lieferanten auch gut gehen. Oder: Nur wenn es dem Patienten gut geht, kann es dem Spital gut gehen.  

Das Spital bietet den Zugang zum Patienten und damit verbunden den Einsatz von Therapien, Untersuchungen, Operationen und vieles mehr. Aus medizintechnischer oder Medical-Produkte-Sicht tritt das Spital als Absatzmittler auf, weil es den Zugang zum Bedürfnis bzw. dessen Deckung hat. Denn grundsätzlich will ein Spital nicht dieses oder jenes beschaffen, denn nur das Patientenbedürfnis verlangt nach diesem oder jenem. Auch wird kein Spital entschädigt nach seiner Verwendung vom besten, neu­sten «Upper High-end-Equipment», das es besitzt, sondern für die Gesundheitswiederherstellung des Patienten. Und wie sie diese Dienstleistung erbringen, ist den Spitälern überlassen. 

Um die Prämissen «WZW» und die ethische Aufgabe zu erfüllen, bietet sich eine Partnerschaft von Anbieter und Abnehmer an, die sich am Patientenbedürfnis und der Vergütung orientiert – und nicht am Erreichen vom Umsatzziel eines Verkäufers oder am Einsparziel eines Einkäufers.

Das tollste, beste, neuste Equipment und «golden standards» müssen längst nicht das Geeignetste und qualitativ Korrekte sein. Zu wissen, was das Versorgungsziel über- oder untertrifft, ist schon mal ein Anfang. Gemeinsam das geeignete Equipment (auch zum gestellten wirtschaftlichen Rahmen) zu finden, ist schon wesentlich besser. 

Gemeinsame Wertschöpfungspartner

Die Entschädigungen oder Vergütungen der Leistungen, die Spitäler erhalten, sind ja keine Fantasiezahlen. DRGs sind erhobene Fallgruppen, aus denen die gültige Base-Rate die Leistungsentschädigung errechnet. Oder auch ambulante Tarife, die sich an den Erstellungskosten orientieren. Also nachvollziehbare «Preise», die für die Patientenversorgung bezahlt werden. Preise setzen sich durch eine Vielzahl von Kosten zusammen, unter anderem Personalkosten oder auch technische Leistungen oder benötigte Produkte. 

Macht es denn keinen Sinn, diesen Zukauf von Technik oder Produkten zur Patientenversorgung mit dem dafür vorgesehenen Anteil im Preis auch zu vergüten? Wenn das Spital zu 100 Prozent entschädigt wird und davon sind 4,5 Prozent für die Nutzung von medizintechnischem Untersuchungs-Equipment eingerechnet, wieso soll dann der Equipment-Anbieter nicht mit 4,5 Prozent vom Ertrag vergütet werden? Der Anbieter kann doch nur entschädigt werden, wenn das Spital auch dafür entschädigt wird. Oder auf den Punkt gebracht: Kommt nichts rein, kann auch nichts raus – konkret: es kann nicht mehr ausgegeben werden, als reinkommt.

Innovative Geschäftspartner 

Meine bisherige Erfahrung in der Umsetzung von leistungsbasierter Entgeltung oder einem Partizipationsmodell zwischen Spital und Industrie zeigt, dass es dazu innovative Anbieter benötigt. 

Es ist bislang nicht jedermanns Sache, sich darauf einzulassen; nur wenn mein Kunde abrechnen kann, kann auch ich abrechnen. Mit Partnern, die dazu bereit sind, zeigt sich aber eine sehr professionelle Bedarfsklärung und Erfüllung. Denn jetzt wird es plötzlich matchentscheidend, das möglichst korrekte und angemessene Equipment dem Spital zur Verfügung zu stellen, und nicht das tollste, neuste, qualitativ beste, teuerste oder die Cashcow reinzustellen. Das Equipment sollte aufgrund des Einsatzes, der Anwendung, der benötigten Aussagekraft oder der angemessenen Bildqualität und den Patienten- bzw. Einsatzzahlen das beste «WZW» gewählt werden. 

Ich kenne Anbieter, mit denen solche Innovationen umgesetzt werden können, und deren Interesse am Kunden und der geeigneten Patientenversorgung liegt und nicht an den Verkaufszahlen. Nicht, dass diese Anbieter keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen würden, aber dies mit dem Gesundheitswesen entsprechender «WZW»-Prämisse und denselben ethischen Grundsätzen.

Das Partizipationsmodell

Der Anbieter und das Spital stellen sich nun gemeinsam der Herausforderung an geeigneter, angemessener Medizintechnik zur gezielten Patientenversorgung. Das Engagement zur Sicherstellung von betriebsbereiter Medizintechnik nimmt auf Anbieterseite stark zu. Denn nur ein Equipment, das eingesetzt werden kann, erzeugt auch Erträge, und genau an diesen Erträgen hat der Anbieter seine Teilhabe. Doch funktioniert das Equipment nicht, macht das Spital damit null Ertrag. Und eine Partizipation an null ist nicht sehr viel. 
 

Martin Gut 

Der Autor hat eidgenössische Diplome als Spitalexperte und Logistikleiter sowie den Fachausweis als Einkaufsfachmann. Er leitet seit 14 Jahren die Beschaffung und Logistik der Spital STS AG (Spitäler Thun und Zweisimmen) und ist Dozent und Lehrperson an Berufsbildungszentren an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin.