Der Mann mit Benzin, aber auch Strom im Blut

Der Mann mit Benzin, aber auch Strom im Blut

Publiziert am Autor: Mario Walser

Vom Eiskratzer und Scheibenwischerblatt bis hin zum Turbolader liefern ­Martin Schmied und seine rund 300-köpfige Belegschaft vom luzernischen Buttisholz aus alles, was das Garagistenherz begehrt. Auch vermehrt Teile für elektronisch angetriebene Fahrzeuge.

Herr Schmied, wie würden Sie das Geschäftsmodell der Hostettler Autotechnik AG umschreiben?

Die Hostettler Autotechnik AG ist Teil der Hostettler-Gruppe, eines Zentralschweizer KMU mit über 700 Mitarbeitenden. Ich sage immer, unsere Hauptaufgabe ist es, die Mobilität unserer Kundschaft sicherzustellen. Das tun wir, indem wir Autoersatz-, Service- und Verschleissteile liefern. Wir vertreiben ausschliesslich Produkte führender Hersteller in Erstausrüsterqualität. Unser Angebot umfasst über 100 000 Teile für mehr als 9000 unterschiedliche Fahrzeugtypen. Zudem bieten wir für Werkstattbetriebe, das sind momentan rund 280 Vertragspartner, das umfassende Dienstleistungspaket «Autofit» an.

Wie genau setzt sich denn Ihre Kundschaft zusammen?

Unsere Kunden, die erwähnten Werkstattbetriebe, sind grösstenteils sogenannte freie Garagisten, die ihren Betrieb nicht speziell im Dienst eines Importeurs oder Autoherstellers betreiben. Momentan sind wir daran, unsere Produkte im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie vermehrt auch über den B2C-Kanal zu vertreiben. Das geschieht selbstverständlich schwergewichtig online.

In welchen Beschaffungsmärkten ist Hostettler vornehmlich tätig?

Die Unternehmen der Hostettler-Gruppe beschaffen ihre Halbfabrikate und Handelswaren in der ganzen Welt. Dies geschieht unter anderem auch in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Einkaufsverbund TEMOT, den wir mitgegründet haben. 

Haben Sie Büros vor Ort? 

Wir haben eigene Offices in Korea und pflegen somit direkten Kontakt zu Produzenten und Lieferanten. Viele grosse Hersteller haben mittlerweile auch Niederlassungen in Europa. 

Wie ist Ihr Einkauf organisiert?

Bei uns in der Zentrale in Buttisholz arbeiten das Produktmanagement und der Einkauf Hand in Hand. Die Produktmanager definieren die Produktkategorien und evaluieren mögliche Zulieferer. Die Einkäufer steigen dann in die Preisverhandlungen ein. Unser Leiter Category Management ist Mitglied der Geschäftsleitung der Hostettler Autotechnik AG.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Prozesse funktionieren?

Wir werten die Qualität der Beschaffungsprozesse – und auch die der ­Lieferanten – regelmässig aus. Unser Leiter Category Management und ich analysieren das Supply Management laufend. Selbstverständlich geht es dabei auch um Preise. Aber genauso essenziell ist die Qualität der Daten, welche die Lieferanten zur Verfügung stellen müssen.  

Welches sind die Herausforderungen für Ihre Branche im Rahmen der Digitalisierung? 

Ich finde die ganze 4.0-Geschichte langsam ein wenig abgedroschen. Die Digitalisierung schreitet schon seit Längerem unaufhaltsam voran. Damit ist eigentlich gemeint, systemtechnisch über alle Bereiche hinweg «verbunden» zu sein. Heute ist einfach alles webbasiert. Eine Art «Industrial Internet of Things» wird unsere Lebens- und Arbeitswelt zweifellos tief greifend verändern. Resultieren sollte ein Effizienzgewinn. Brachliegende Potenziale können so viel schneller erkannt werden. Lernfähige Maschinen, Big-Data-Technologien und die Automatisierungstechnik werden immer mehr verknüpft. Wir haben beispielsweise all unsere Lieferwagen mit RFID-Chips ausgerüstet. So können wir die Routen kostenoptimiert gestalten.

Wie zeigt sich das im Tagesgeschäft? 

Auch bei uns geht es schon heute stark in Richtung Smart Factory. Fallen Produkte beispielsweise unter einen gewissen Bestandeslevel, werden automatisch welche nachbestellt. Was ich nicht unerwähnt lassen möchte: Wir sind der einzige Schweizer Anbieter, der ausnahmslos alle Produkte auch am Lager führt und nicht immer wieder auf das meist im Ausland ansässige Zentrallager des Herstellers zurückgreifen muss. 

Ist die Zukunft elektromobil? 

Wir passen unsere Produkte und Dienstleistungen laufend dahin gehend an. Für uns ist klar, dass die Elektromobilität nicht nur ein vorübergehender Trend ist. Das steht für mich, gerade mit meiner Vergangenheit bei Tesla, ausser Frage. Tesla ist jedoch kein Autohersteller, sondern ein Hightechunternehmen, das auch Autos entwickelt. Gerade jetzt, wo Giganten wie BMW, Mercedes und Konsorten mit prall gefüllter Kriegskasse ins E-Geschäft einsteigen, deutet alles darauf hin, dass sich die E-Mobilität langfristig durchsetzen wird.

Das heisst konkret? 

Wenn ein Garagist ein spezielles Einzelteil sucht, ist er darauf angewiesen, dass er nicht nur die technischen Daten zum gesuchten Produkt präsentiert bekommt, sondern auch qualitativ hochstehendes Bildmaterial.  

Big Data ist wichtig, gibt es noch weitere Schwerpunkte?

Selbstverständlich ist auch die «Responsiveness» elementar, nur so können wir unser Versprechen «keep the wheels turning» auch langfristig einhalten. Wir haben schweizweit elf Filialen und fahren täglich bis zu fünf Mal zu unseren Kunden, um bestellte Teile anzuliefern.