Blockchain in der Lieferkette im Aufwind

Blockchain in der Lieferkette im Aufwind

Publiziert am Autor: Patrick Molemans

Bereits seit einigen Jahren ist die Blockchaintechnologie in aller Munde. Zwischendurch war nicht ganz klar, ob Blockchain eine Marketingblase bleibt oder sich doch als neue Technologie durchsetzt. Aber in letzter Zeit häufen sich weltweit die umgesetzten Anwendungsszenarien, so auch immer mehr in der Lieferkette. Denn die Vorteile für Transparenz und Nachverfolgbarkeit überzeugen einfach.

Die Blockchain wird zukünftig eine sehr grosse Rolle in der Supply Chain spielen. Sie fördert das Vertrauen in Daten, Transparenz und Nachverfolgbarkeit. 

In der Schweiz wächst die Zahl der aktiven Blockchainunternehmen trotz extrem schwankenden Kursen der Kryptowährungen weiter an. 

Papierlos nachverfolgbar

Im Grunde begünstigt die Blockchain die komplette Digitalisierung – Papier wird mittelfristig überflüssig werden. Wenn jeder Datensatz über einen Zeitstempel verfügt und an das vorhergehende Ereignis angehängt wird, hat die Blockchain das Potenzial, in mehreren Bereichen der Lieferkette für einen Wandel zu sorgen: Sichtbarkeit, Optimierung und Nachfragemanagement. Dezentral verteilte Datenbanken sorgen dafür, dass im Netzwerk Transaktionen direkt miteinander durchgeführt und die Historie aller Transaktionen eingesehen werden kann.

Die Nachverfolgung eines Produktes wird so auch für den Endkunden komplett transparent, von der Herkunft über die Produktion bis zur Lieferkette. Wir dürfen uns allerdings nicht der Illusion hingeben, dass mit dem Einsatz der Blockchaintechnologie kein Betrug mehr möglich ist. Selbst wenn die Daten korrekt sind, können Menschen etwa beim Einscannen eines Barcodes Fehler unterlaufen, bewusst oder unbewusst. Das heisst, der des Menschen physische Eingriff in die Lieferkette bleibt das schwächste Glied. 

Schneller Zugriff

Sicherheit und Transparenz sind zwei entscheidende Punkte, die im Zusammenhang mit der Blockchaintechnologie immer wieder angesprochen werden. 

Es ist egal, ob es sich um einen grossen Zulieferer aus Fernost oder um einen kleinen Händler aus Europa handelt, wenn in der Lieferkette alle auf die gleiche Blockchain zugreifen und Einsicht haben. Die Informationen werden gleichwertig verteilt und sind für alle gleich einsehbar. Dies erhöht die Reaktionszeit, etwa bei Problemen durch fehlerhafte Produkte oder Fälschungen, und dem Missbrauch wird so vorgebeugt. Denn alle Teilnehmer können etwa Produktchargen und zugehörige Dokumente überprüfen und in Echtzeit einsehen. Auch auf Ausfälle, Verzögerungen und Verluste kann schnell und transparent reagiert werden. Vorteile sind, dass gemeinsame Daten dauerhaft rückverfolgbar sind. Alle Parteien haben den gleichen Einblick und es gibt keine zentrale Entscheidungsgewalt mehr. Die Blockchain verbindet alle Beteiligten fair und transparent miteinander.

Nachverfolgbares Obst

Ein Beispiel für den Einsatz einer Blockchain in der Schweiz ist etwa die Migros. Diese nutzt dafür die technologische Infrastruktur von Te-Food, einem Hightechunternehmen, das länder- und branchenübergreifend mithilfe von Blockchainuechnologien das Produkt-Tracking übernimmt.Im Rahmen einer Public-Private Partnership wurde so die komplette Lebensmittelüberwachung in Vietnam zu einem Informationssystem für Konsumenten, Behörden und Industrie ausgebaut. Lebensmittel sollen so zum optimalen Reifezeitpunkt im Handel ankommen und die Verschwendung minimiert werden. 

Auch wenn das Projekt vorerst nur intern genutzt wird, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann auch der Endkunde sehen kann, wann der Apfel gepflückt worden ist und welche Reise er dann bis ins Lebensmittelregal genommen hat. 

Je grösser und komplexer eine Lieferkette, desto aufwendiger und zeitintensiver die Einbindung aller beteiligten Partner, zumal es hier oft auch noch Ängste und Vorurteile zu überwinden gilt. Viele Leute denken bei Blockchain nach wie vor nur an den Bitcoin und verkennen die Technologie dahinter. 

Dokumentation für Cannabis

Einen anderen Anwendungsfall könnte es bald in der Pharmalogistik geben. Hier spielen Dokumentation und Haftung eine grosse Rolle. Zum Beispiel beim wachsenden Markt für medizinisches Cannabis: Dort wird gerade an einer Lösung mit der Blockchaintechnologie gearbeitet. Zertifizierte Pharmalogistiker müssen jeden Wareneingang und -ausgang an die Bundesopiumstelle melden und spezielle Auflagen erfüllen. 

Im Gegensatz zu anderen pharmazeutischen Produkten haften hier auch die Logistiker, nicht die Hersteller. Eine manipulationssichere Dokumentation ist für diesen Anwendungsfall also eine ideale Lösung, und genau dafür eignet sich der Einsatz einer blockchaingestützten Lösung. 

Hersteller, Logistiker und Pharmahersteller aus Berlin kooperieren derzeit in der Entwicklung einer solchen Anwendung. Warenverlust, Diebstahl und Manipulation können nicht zwangsläufig ausgeschlossen werden, aber sie werden durch die transparente und verknüpfte Dokumentation besser nachverfolgbar, und die Haftungsfrage kann eindeutig geklärt werden. 

Globale Vernetzung

Warenströme sind globaler und vernetzter denn je. Hunderte oder gar Tausende Partner arbeiten in einer Kette zusammen, und zum Teil gibt es extrem komplexe Zusammenhänge.

Heute machen viele manuelle Berechnungen und Prozesse diesen Komplex häufig langsam und träge. Beispielhaft sind hier zahlreiche rechtliche Vorgaben wie Datenschutz, Steuervorgaben, Versicherungsnachweise oder Zertifizierungen. Die Zukunftstechnologie Blockchain kann hier Ineffizienzen beseitigen. Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung sind jedoch positive Referenzen und Einsatzszenarien der Technologie sowie die wachsende Akzeptanz im Markt. Schweizer Blockchaintechnologie wird immer mehr zum Exportgut – dazu trägt gerade der Bereich Supply Chain und Logistik einen grossen Teil bei.

Ausblick

Die Blockchain kann eine riesige Menge von Produkten erfassen und verfolgen und darauf beziehende Dokumente hinzufügen und verknüpfen. Produkteigenschaften, wie etwa die biologische Herkunft, der Fair-Trade-Handel oder Zertifikate, können abgebildet werden. Auch die genaue Herkunft und die Produktionsweise sind einsehbar. Die Produktsicherheit erhöht sich, und die Blockchain ist leicht skalierbar. 

Noch fehlt es an erprobten realen Anwendungsszenarien, doch der flächendeckende Einsatz von Blockchaintechnologien in der Lieferkette ist nur eine Frage der Zeit. Herausforderung wird sein, wie etwa in der Logistik, alle Daten aus IT-Systemen, Barcodescannern und weiteren Schnittstellen sicher und einfach mit der Blockchain zu verknüpfen.

Portrait Patrick Moleman

Patrick Molemans

Der Autor ist Territory Manager Central Europe bei Ivanti Supply Chain. Das Unternehmen produziert unter anderem Software für Supply-Chain-Management. Patrick Molemans beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit automatischer Identifikation, Datenerfassung und mobiler Datenkommunikation.