Besuch im Kernkraftwerk Gösgen

Besuch im Kernkraftwerk Gösgen

Publiziert am Autor: Elisabeth Frey

Weithin sichtbar, allen bekannt und doch aus der Nähe und im Detail für viele eine «grosse Unbekannte». Am 20. Oktober konnten die Mitglieder mehrheitlich aus der Region Mitte den Betrieb des Kernkraftwerk Gösgen (KKG) erleben und erhielten auch einen Einblick in den Einkauf.

Das Werk nahm im November 1979 den kommerziellen Betrieb auf und erzeugt heute mit seinen rund 600 Mitarbeitenden pro Jahr rund acht Milliarden Kilowattstunden Strom und deckt damit etwa 13 Prozent des schweizerischen Stromverbrauchs.

Es ging los mit einem für unsere Mitglieder exklusiven Referat des Einkaufsleiters Yves Rudolf von Rohr. Er erläuterte die Besonderheiten und Herausforderungen des Einkaufs in einem Kernkraftwerk. Beispielsweise gibt es Artikel mit einem Lagerumschlag «1» in 40 Jahren. Die Diversifikation der Materialgruppen ist eine Herausforderung. Vom Unterhaltsartikel bis hin zu sehr hochwertigen Komponenten oder komplexen Baugruppen reicht das Spektrum. 

Herausforderungen für das KKG

Eine Herausforderung ist der Lebenszyklus des Kernkraftwerks, das so lange Strom produzieren kann, wie seine Sicherheit gewähreistet ist. Vor diesem Hintergrund verändert sich der Lieferantenmarkt, auch als Folge des Ausstiegs von Deutschland aus der Kernenergie.

Das Einhalten verschiedener Regelwerke sowie das Obsoleszenz-Management ist für den Einkauf wichtig. Das Kernkraftwerk wurde nach diversen Regelwerken gebaut, mitunter nach der deutschen KTA (Kerntechnische Auslegung), welche durch den Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie vor Veränderungen steht.

Als weiteres Beispiel nannte Yves Rudolf von Rohr den Unterhalt von Notstrom-Dieselaggregaten und deren Ersatzteile, wo man mit einem Insourcing gezielt die Abhängigkeit vom Markt reduzieren konnte.

Zertifizierungen und Klassierungen verlängern Beschaffungszyklen und steuern die Preise der Artikel. Das erklärte der Einkaufsleiter anhand einer Brunnenpumpe, die in der kommunalen Wasserversorgung eingesetzt werden könnte. Für den Einsatz im KKG in einem klassierten Bereich allerdings befindet sich diese seit fünf Jahren in einem Klassifizierungsverfahren mit einer Reihe von Tests.

Der Rundgang

Die Führung startete mit einem Blick in die Nebelkammer, in der Radioaktivität sichtbar ist. Wir erfuhren anhand von Modellen, wie Urankerne gespalten werden, Wärme erzeugt und der Generator im Maschinenhaus angetrieben wird. Auf dem Aussenrundgang überwältigte die schiere Grösse der Bauwerke in unmittelbarer Nähe die Besuchergruppe, ebenso der Luftzug neben dem Kühlturm, welcher mit Wasser aus der Aare gespeist wird und ein Wasserfall aus 14 Metern Höhe in ein Becken tost.

Von der Grafik zum Live-Erlebnis

Auch im Maschinenhaus war die Grösse der gesamten Anlage bis hin zu spürbaren Vibrationen der Turbinen beeindruckend. Wir konnten spüren und hören, wie der Dampf die Turbinen samt dem Generator antreibt und die Luft in den 150 Meter hohen Kühlturm gezogen wird.

Wir durften sogar einen Blick ins eigentliche Herz des Kraftwerks, den Kommandoraum – das «Cockpit» der Anlage – werfen. Die Besucherführerin erklärte in diesem Zusammenhang auch die wichtigen Sicherheitsvorkehrungen bezüglich Einsatzplanung. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil sind die betriebsinternen Weiterbildungen für die sehr spezifischen Berufsbilder.

Ein rundum beeindruckendes Erlebnis – ob der imposanten Grösse der Anlage, der besonderen Kennzahlen und der Komplexität des gesamten Betriebes. Vielen Dank dem Team unserer Region und den verantwortlichen Mitarbeitenden des KKG.

Elisabeth Frey, procure.ch
Elisabeth Frey

Elisabeth Frey ist seit Oktober 2023 die Leiterin Digitalisierung & Nachhaltigkeit.
Mit einer beruflichen Laufbahn von über zwanzig Jahren im Marketing- und Kommunikationsbereich, hat sie sich als eine erfahrene Fachfrau etabliert, die in der Lage ist, innovative und nachhaltige Strategien zu entwickeln.

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