Berner Familien-KMU digitalisiert das Feuerlöschen

Berner Familien-KMU digitalisiert das Feuerlöschen

Publiziert am Autor: Mario Walser

Unter der Führung von Marcel Wyss hat die Universal Feuerlöschgeräte AG Innovation und Tradition kombiniert, indem das Unternehmen traditionelle Feuerlöschprodukte mit moderner IoT-Technologie verbindet. Resultat? Ein smarter Feuerlöscher, der nicht nur im Brandfall zuverlässig funktioniert, sondern auch digitale Alarme auslöst, wenn er manipuliert wird. Ein zukunftsweisender Schritt, der Sicherheit neu definiert?

Herr Wyss, wie beschreiben Sie einem Branchenfremden das Geschäftsmodell ganz kurz? 

Wir sind ein klassisches Schweizer KMU. Seit unserer Gründung 1973 sind wir stolz darauf, einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit und zum Brandschutz in der Schweiz zu leisten. Wir sind ein Familienbetrieb mit einem engagierten Team von neun Mitarbeitenden. Zu unserem Produktportfolio gehören Feuerlöscher, die wir als Handelsware vertreiben. Besonders stolz sind wir auf unsere Löschposten, die wir bei uns in Bern herstellen. In unserer Branche ist es  schweizweit das einzige Produkt, das komplett mit hiesigen Zulieferern hergestellt wird. Darüber hinaus bieten wir spezialisierte Löschsysteme für die Industrie an, die auf die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen unserer Kunden zugeschnitten sind. 

Die Produkte vor Ort zu haben, ist das eine, sie aber bedienen zu können ...

Korrekt! Deshalb sind nicht nur die Produkte für uns von zentraler Bedeutung, sondern auch das Wissen darüber, wie man sie richtig einsetzt. Deshalb bieten wir auch Schulungen an, um sicherzustellen, dass unsere Kunden auch genau wissen, wie sie im Notfall reagieren müssen.

Erzählen Sie doch kurz, wie Sie zur Brandbekämpfung und inzwischen auch zur Digitalisierung gekommen sind? 

Tatsächlich ist meine Begeisterung für die Brandbekämpfung noch relativ jung. Ich bin gelernter Spengler und Sanitärinstallateur und arbeitete lange Jahre in der Verkaufsbranche. Als ich die Möglichkeit bekam, den Familienbetrieb meines Schwiegervatgers zu übernehmen, war ich sofort begeistert. Seit 2016 bin ich nun als Geschäftsführer tätig. Nach der Einarbeitungsphase nahm ich unsere Prozesse unter die Lupe, hinterfragte Bestehendes und forschte nach dem Alleinstellungsmerkmal, das es heute zwingend braucht, will man als KMU im umkämpften Markt bestehen und langfristig Erfolg haben.  

Das Internet der Dinge (IoT) hat Ihrem Unternehmen neuen Schub verliehen?

Richtig. Gerade das Internet der Dinge hat uns neue Möglichkeiten eröffnet. An der Branchenmesse «Sicherheit 2017» in Zürich machte mich ein Experte auf IoT-Sensoren aufmerksam, die über das Low-Power-Network von Swisscom mit dem Internet verbunden sind. Mir war sofort klar, das ist genau, was wir brauchen. 

Was genau war der zündende Gedanke dahinter?

Unsere Servicetechniker stellen immer wieder fest, dass gerade in grösseren, öffentlich zugänglichen Gebäuden oder Räumen Feuerlöscher von ihrem Standort entfernt, manipuliert oder aktiviert wurden, ohne dass jemand darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Das ist wortwörtlich brandgefährlich. Wenn es brennt, muss ein Feuerlöscher sofort griffbereit und selbstverständlich einsatzfähig sein! Das bedeutet ohne digitale Lösung einen immensen Kontrollaufwand. Möglicherweise steht ein Gerät für mehrere Monate leer, ohne Druck oder Löschmittel. Erst dem Service-Techniker fällt dies bei der Wartung der Geräte nach mehreren Monaten auf. In Bezug auf die Sofortmassnahmen könnte dieser Zustand der Geräte fatal sein. Das war Anlass genug für uns, einen smarten Feuerlöscher mit IoT-Sensorik zu entwickeln, der uns sofort benachrichtigt, sobald ein Feuerlöscher manipuliert oder entfernt wird. 

Wie können Sie diese Informationen verwalten?

Über das LoRaWAN der Swisscom können wir diese Informationen zentral verwalten und unsere Kunden umgehend benachrichtigen, sodass wir schnell reagieren und einen Servicetechniker entsenden können. Dieser kann den Feuerlöscher aufspüren, überprüfen, nötigenfalls instand setzen und wieder am Standort platzieren. Durch diese effiziente Wartung können die Kunden sicher sein, dass ihre Feuerlöscher immer einsatzbereit und am richtigen Platz sind.  

Wo hat die Digitalisierung Ihrem Unternehmen zudem weiteren Schub verliehen? 

Die Digitalisierung hat uns nicht nur dabei geholfen, die Sicherheit unserer Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen, sondern auch unsere Prozesse zu optimieren. Dank der IoT-Technologie und unserem CRM können wir nicht nur den Zustand unserer Feuerlöscher überwachen, sondern so den Wartungsbedarf frühzeitig erkennen. Das ermöglicht uns insgesamt eine schnellere und effizientere Wartung. Zudem sind wir davon überzeugt, dass diese innovative Lösung uns neue Märkte erschliesst und unser Alleinstellungsmerkmal in der Branche stärkt.  

Wie ging die Entwicklung des smarten Feuerlöschers vonstatten? 

Gemeinsam mit den Experten der Swisscom entwickelten wir ein CRM-System, und haben zugleich einen Anforderungskatalog für die Sensoren formuliert. Unsere auf IoT-Geräte spezialisierte Partnerin Comtac AG entwickelte die nötigen Sensoren. Nach eineinhalb Jahren harter Arbeit und Investitionen in sechsstelliger Höhe war der erste smarte Feuerlöscher serienreif. Ich bin überzeugt, dass dies unser Alleinstellungsmerkmal in der Branche ist und uns neue Märkte eröffnet.  

Wo beschaffen Sie die Materialien, die Sie zur Produktion benötigen?

Kurze Wege sind uns wichtig. Nicht weniger auch die Qualität der Ware. Die Feuerlöschzylinder beziehen wir deshalb nun schon seit 50 Jahren bei der Firma Rot aus Paris, die ihre Behälter auch dort produziert. Unsere langjährige Partnerschaft erlaubt es uns, bei der Entwicklung und Gestaltung der Zylinder und anderer Teile, wie beispielsweise Griffe, aktiv mitzuwirken. Davon abgesehen sind alle unsere Lieferantenpartner in der Schweiz ansässig und produzieren auch hier. Einzig die Schläuche, wie wir zwar bei Angst&Pfister beschaffen, werden in Italien hergestellt.

Weshalb werden Sie hier der Schweiz untreu?

Weil es hierzulande schlicht keinen Hersteller gibt, der solche Schläuche in der benötigten Qualität und vor allem auch in der von uns benötigten relativ geringen Anzahl – rund 10 000 Laufmeter pro Jahr – produzieren könnte.  

Wie steht es um Regulatorien, die Ihre Produkte erfüllen müssen?

Das ist ein weiterer Punkt. Wir wissen, dass die Ware alle zentralen Qualitätsnormen, die in der Schweiz und in der EU gelten, erfüllt. Das ist gerade bei Produkten im Brandschutz existenziell. 

Unternehmerisches Risikomanagement fängt also schon beim firmenindividuellen Brandschutzkonzept an?

Treffend formuliert. Brandschutz ist meiner Ansicht nach nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern kann auch zu einem Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen werden. Wer ein umfassendes Sicherheitskonzept implementiert, zeigt seinen Kunden, dass Sicherheit ernst genommen wird. Das wiederum stärkt das Kundenvertrauen auch in anderen Bereichen – gerade bei Kunden, die Sicherheit als wichtigen Faktor bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner betrachten. 

Marcel Wyss

Marcel Wyss (1974) ist seit 2016 Geschäftsführer der Universal Feuerlöschgeräte. Als aktives Mitglied des Rotary Club Olten West engagiert sich Marcel Wyss in gemeinnützigen Projekten. Fussballbegeistert trainiert er die Junioren des FC Solothurn und frönt seit drei Jahren dem Golfspiel – und verfügt bereits über ein Handicap von 36.0. Seine grösste sportliche Leidenschaft gilt dem Eishockey. Seit seinem 15. Lebensjahr ist er ein treuer Fan des HC Ambri Piotta und lässt kaum ein Heimspiel aus.